Closure

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buecherfan.wit Avatar

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Rose Ellen genannt Zell verliert ihren geliebten Mann Nick bei einem Wiederaufbaueinsatz in New Orleans nach dem Sturm Katrina. Über ein Jahr später ist sie immer noch schwer depressiv und nicht in der Lage, ein normales Leben zu führen. Sie vernachlässigt sich, kann den Dachboden nicht betreten, wo alles sie an Nick erinnert, wo sich außerdem auch seine Asche befindet. Sie kann weder kochen noch backen, weil die Küche Nicks Revier war. Immer wieder machen ihr Erinnerungsfetzen zu schaffen, und die Trauer ist so frisch wie am ersten Tag. Ihre Familie und ihre Freunde unterstützen sie liebevoll und warten geduldig auf den Tag, an dem sie aus dem Tal der Tränen wieder auftaucht. Aber bisher ist alle Mühe vergeblich, ja es ist sogar so, dass sie einige der Freunde gar nicht sehen will, weil sie Nick zur Teilnahme an diesem Einsatz geraten bzw. eine ganz kleine Mitschuld an seinem Tod haben - nicht im Sinne eines Kausalzusammenhangs, sondern weil Nick ihretwegen zur falschen Zeit am falschen Ort war. Sie erträgt nur noch ihren Windhund Captain Ahab´s Midnight Delight, genannt Ahab, den auch Nick sehr geliebt hat. Ein Silberstreifen am Horizont zeigt sich erst, als der neue Nachbar um ihre Hilfe bei der Betreuung seiner neunjährigen Tochter Ingrid bittet. Ingrid bringt sie dazu, an einem Backwettbewerb teilzunehmen, den die Fernsehköchin Polly Pinch veranstaltet, die Ingrid für ihre Mutter hält. Durch ihre Freundschaft zu Ingrid und erwachende Gefühle zu ihrem Vater findet Zell allmählich ins Leben zurück.

“Weiß der Himmel von dir” ist ein Roman über Liebe und Tod, über Verlust und Trauer, über bedingungslose Freundschaft und die Notwendigkeit, einen Abschluss zu finden, um dann mit dem Leben weiterzumachen. Genau das fasst der Originaltitel “Simply from Scratch”- was so viel heißt wie “Einfach noch einmal (ganz) von vorn” - prägnant zusammen, während der obengenannte deutsche Titel mich bis zur letzten Seite ratlos lässt.

Es ist ein sehr gefühlvoller Roman, in dem viel geweint wird, aber er ist nicht unangemessen sentimental oder gar kitschig. Zells Schicksal berührt den Leser, vor allem, weil die Figur der Zell - aber auch alle anderen Charaktere - sehr sorgfältig gezeichnet sind. Erzählt wird überwiegend aus Zells Perspektive, aber auch aus der Sicht des gemeinsamen Freundes EJ sowie indirekt aus Nicks Sicht. Seine e-mails vom Katastropheneinsatz sind überall eingestreut und beweisen, wie nahe Nick und Zell einander standen. Die Struktur des Romans ist insofern interessant, als der Leser erst ganz zum Schluss erfährt, wieso Nick eigentlich so plötzlich gestorben ist. Teilinformationen werden im Laufe des Romans gegeben, aber nie die ganze Wahrheit. Dieser strukturelle Trick erhöht die Spannung, obwohl das (weitgehend gute) Ende absehbar ist. Eine öffentliche Gedenkzeremonie mit Enthüllung einer Skulptur hilft auch Zell, die Trauerphase zum Abschluss zu bringen - die Amerikaner nennen das“closure” - und sich dem Leben wieder zuzuwenden.