Roadmovie mal anders

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borgeli Avatar

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Edith Scholz, eine 70-jährige Berlinerin, fällt in ihrer Wohnung so unglücklich, dass sie aus eigener Kraft keine Hilfe mehr holen kann. Ihre sarkastischen Gedankengänge in dieser misslichen Situation sind schon mal ein Highlight dieses Buches. Doch dies ist nicht ihr befürchtetes Lebensende, denn ein aufmerksamer Briefbote erkennt die prekäre Lage und holt die Feuerwehr zu Hilfe. In der anschließenden Kur begegnet Edith der Husumerin Christel Jacobi. Deren Freundlichkeit und Annäherungsversuche sind gar nicht nach Ediths Geschmack und sie bleibt Christel gegenüber abwehrend und unhöflich.

Wieder zuhause haben die beiden keinen Kontakt mehr zueinander. Christel Jacobi ist gesundheitlich angeschlagen und befürchtet, dass ihre Tochter sie in einem Seniorenheim unterbringen will. Sie ist verzweifelt darüber, nicht mehr eigenmächtig und frei entscheiden zu können. Aus dieser Angst heraus lädt Christel Edith als Verbündete zu sich nach Husum ein. Ihre Idee ist eine gemeinsamen Reise mit Edith, um danach besser ertragen zu können, was auf sie zukommen wird.

Dieser Fluchtgedanke bringt die beiden Frauen nach Baden-Baden als eine Station von Christels Wunschorten. Der Buchtitel "Weit weg ist anders" ist bei den Möglichkeiten zweier älterer Frauen gut getroffen. Eine erwartete Annäherung und Vertrautheit hat die gemeinsame Unternehmung dann doch nicht zu bieten. Statt sich anzunähern bleiben beide ganz in ihrer Art und ich war manchmal überrascht, wie schroff, ja unhöflich, sich Edith gegenüber Christel benommen hat. Liest man allerdings Ediths Betrachtung der Situation, merkt man wie schwer es ihr fällt, diese aufgezwungene Gesellschaft auszuhalten. Ich glaube, der Charme dieses Buches liegt doch in der Unterschiedlichkeit der beiden Damen, wirkliche Freundinnen sind sie nicht geworden. Für mich ist das Ende stimmig und wird den beiden gerecht.