Ein ganz großer Wurf!

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Ein Beziehungsroman, der 1993 im Künstlerviertel in Chicago, Illinois, beginnt. Dies ist eine aufregende Zeit von Kultur und Kunst und dem Anfang des Internets.
Jack Baker zieht in den Stadtteil Wicker Park, fotografiert das Leben am Rand der Gesellschaft.
Elizabeth ist Studentin verschiedener Fachrichtungen, noch nicht volljährig.
Beide entdecken sich im jeweils gegenüberliegenden Fenster der Gasse, in der sie wohnen. Jack kommt aus kleinen Verhältnissen aus dem Mittleren Westen der USA, Elisabeth ist wohlhabend aufgewachsen, „Altes Geld“ von der Ostküste. Unterschiedlicher könnten Herkünfte kaum sein, beide sind nach Chicago gekommen, um „Waisen“ zu werden. Sie begegnen sich und verlieben sich.
Und ihnen liegt die amerikanische Welt Anfang der 1990er Jahre offen, die sie im Laufe der Jahre kreativ versuchen, ganz individuell auszufüllen. Elisabeth konzentriert sich auf psychologische Studien, Jack kann künstlerische Highlights verzeichnen und bekommt später eine Lehrtätigkeit. Sie heiraten und bekommen einen Sohn, Toby.
20 Jahre später in ihren mittleren Jahren wollen sie endlich eine Traumwohnung kaufen und beziehen.
Doch wie sieht der Traum aus und wie ist es dazu gekommen?
Wie schon in Nathan Hills vorherigem bekannten Roman „Geister“ wird Vergangenheit mit Gegenwart kombiniert und verdichtet. Das Leben und das jeweilige Zeitkolorit der Eltern gibt unterstützende Einsichten in die sich entwickelnden Charaktere der beiden Hauptdarsteller.
Dieser Roman besticht mit mit umfangreichen geschichtlichen Recherchen. Es wechselt von ihrer, Elizabeths Sicht der Welt auf seine, Jacks, und zu Rückblenden auf ihre jeweiligen Kindheitserinnerungen. Die Protagonisten sind keine Helden, sind nicht durchgängig sympathisch und bleiben deshalb zutiefst menschlich.

Nathan Hill entlarvt die amerikanische Gesellschaft in den jeweiligen gesellschaftlichen Strömungen und Vorstellungen so humorvoll und witzig aus heutiger Sicht, dass das Lesen ein ungetrübter Genuss ist. Eine feine Satire. Auf die Spitze getrieben. Das Buch ist voller Überraschungen. Das Finale ist erfrischend unvorhergesehen.

Faszinierend sind die tiefblickenden Einsichten in die Psychologie des Menschen die Aha -Effekte! Plötzlich werden die Erkenntnisse der Protagonisten auch eigene des Lesers. Zum Beispiel: In dem Moment als die Vorstellung verbrennt, öffnen sich die Herzen und die Lebendigkeit – so erkennen sie sich als Seelenverwandte.
Doch der Lesefluss verweilt nicht, zügig geht es weiter. Ein dichter Roman, der ungeteilte Aufmerksamkeit erfordert.

Für mich ganz große Literatur und Nathan Hill ein begnadeter Schriftsteller.