Genial

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mike nelson Avatar

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Genial. Einfach nur genial! Aber ich muss auch zugeben - ich war ungeheuer voreingenommen, war ich doch schon begeistert von Nathan Hills Vorgängerwerk "Geister". Monatelang habe ich seinem neuen Roman "Wellness" entegengefiebert, wiederum ein dicker Wälzer übrigens. Und einen Wälzer zu kreieren, ohne dass es auch nur irgendeinen Durchhänger gibt, das ist schon genial. Zudem ist Nathan Hills neues Werk neben der guten Story auch ein höchst informatives Buch für Menschen, die sich dafür interessieren, wie Beeinflussung (Psychologie, Medizin, Medien) funktioniert und wie es sich mit der Dynamik der Liebe verhält. All das erfahren die Lesenden über die beiden Protagonisten Jack und Elizabeth, deren Geschichte wir von ihrem Kennenlernen in 1993 - sie beobachten sich monatelang, die Fenster ihrer Wohnungen gegenüberliegend - bis hinein in ihre Familienphase und die erste Entfremdung in den 2000ern begleiten dürfen. Nathan Hill versteht es ausgezeichnet, verstehbar zu machen, wie sich die Geschichte der Herkunftsfamilie bis in die persönliche Liebesgeschichte hinein auswirkt und sich in einer 'hypoaktiven Partnerbindungsstörung' manifestiert. Und Nathan Hill lässt das Personal seines Romans sehr kluge Dinge sagen: "Stabilität ist eine Fantasie aus der Mitte des letzten Jahrhunderts. Stabilität entstand in einer Zeit, in der die Leute ihr ganzes Leben lang einen einzigen Job und einen einzigen Geschlechtspartner hatten. Aber heute musst du damit rechnen, nach der nächsten Fusion willkürlich gefeuert zu werden. Und das mit dem einen Geschlechtspartner kannst du auch vergessen - heute schlafen wir vor der Ehe mit Dutzenden und heiraten dann auch noch mehrmals." Ein lebenskluges Werk! Und ich befürchte, sollte Nathan Hill für sein nächste Schreibvorhaben wiederum einen seitenstarken Roman geplant haben, dass ich ganz viel Geduld haben muss, dass Hill meine Vorfreude bis in den schmerzenden Bereich hinein treiben wird ;-))