Eine Frage der Dramaturgie

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owenmeany Avatar

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Eine Frau rechnet ab mit ihrem sprachlos darnieder liegenden Partner. Stück für Stück pflückt man sich die Informationen über die Personen aus diesem aufgebrachten Monolog voller Vorwürfe, die große Diskrepanzen im Lebensverständnis offen legen. Glasklar und sachlich, sine ira et studio benennt die zunächst namenlose Frau all seine Irrwege und erzeugt dabei ein greifbares Bild eines skupellosen Karrieremenschen, dem es gelingt, oben auf der Crème der Gesellschaft zu schwimmen mit eindeutig festgelegten, nicht hinterfragten Hierarchien. Interessant sind dabei auch die Merkmale des Milieus, die sie detailliert beschreibt,

Und nun ist er an einem existenziellen Wendepunkt angelangt, aus welchem Grund, erfahren wir nicht. Er weiß nicht mehr weiter und hat eine fatale Konsequenz gezogen, die sie ganz und gar nicht gut heißt. Erbarmungslos kratzt sie an seiner Fassade, die nun ohnehin zusammengebrochen ist, deckt zielstrebig wunde Punkte auf. Beeindruckend, auf welch überaus reichen kulturellen Fundus sie dabei zurück greift. Auf Seite 18 legt sie dann los und erzählt endlich auch aus ihrem eigenen, unterprivilegierten Leben, das in grellem Kontrast zu seinem steht.

Dieses mitreißende Brainstorming, das aktuelle gesellschaftliche Probleme scharfsichtig und in origineller Ausdrucksweise analysiert ("Angst, jemand könnte dir die Fernbedienung aus der Hand nehmen."), hat mich sehr gefangen genommen. Da die Leseprobe auf S. 29 abrupt abreißt, kann ich nicht beurteilen, ob es bis zum Ende so weiter geht mit diesem inneren Monolog und wie sich das auf die Dauer lesen lässt.