Popmusic lost its generation

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Arezu Weitholz erzählt in ihrem Roman Wenn Die Nacht Am Stillsten Ist die Liebesgeschichte von Anna und Ludwig. Aber dieser Roman ist so viel mehr als eine banale Liebesgeschichte.
Anna sitzt an der Bettkante ihres Freundes Ludwig und redet auf ihn ein, erzählt aus ihrem Leben, Geschichten, die er noch nicht weiß, die sie ihm jetzt erzählen kann, wo er offensichtlich nicht zuhören kann. Sie lässt sich aus über Popmusik und über das junge Sterben von Popkünstlern. Hier exemplarisch genannt: Curt Cobain.
Sie erzählt ihm von ihrem Leben in Südafrika, wo sie eine zeitlang gelebt hat, weil sie sonst keinen Ort hatte, wo sich sich zugehörig gefühlt hat. Sie Erzählt von ihren Drogenerfahrungen, davon, wie sie am Strand gekifft haben, während in der Stadt Leute erschossen wurden.
Es scheint, Ludwig hat gerade versucht, sich das Leben zu nehmen. Hat er Pillen eingenommen? Er, der es nicht erträgt, wenn seine Welt nicht fröhlich, nicht perfekt ist, hat nun die Kontrolle verloren. Er, der Intellektuelle, der die reale Welt nicht an sich heran lässt. Er, der über Popmusik schreibt.
In einer zweiten, personalen Erzählperspektive berichtet dieser Roman von Annas Tag vor dieser Nacht, beginnend damit, dass Ludwig die Beziehung zu Anna beendet hat. Diesen Tagesbericht begleiten Erinnerungen an Annas früheres Leben.
Anna lernt Ludwig in der Redaktion kennen, in der sie seit neuestem arbeitet. Alle sind sooo cool, tragen die richtigen Klamotten, denken die richtigen Gedanken, hören die richtige Musik und kennen die richtigen Leute.
Auch Ludwig lebt mit dieser Fassade, hat sich scheinbar gut darin eingerichtet, nur bestimmte Dinge an sich heran zu lassen. Arezu zeigt uns an ihm exemplarisch, wie wir Leser von den Medien verarscht werden. Themen werden so zurecht gestutzt, dass sie vermeintlich neue Sichtweisen zeigen.
Über diese Diskrepanz schreibt Weitholz mit einer unprätentiösen, lebendigen und bildhaften Sprache.
Trotzdem entlässt mich dieser Roman mit einem etwas verstörten Gefühl zurück, wünschte ich mir doch Antworten auf die darin enthaltenen Fragen. Aber ich weiß schon: es kann keine Lösungen oder Antworten geben. Gäbe es sie, wäre die Welt nicht so schlecht.
Aber gerade dieses bleibende, verstörende Gefühl bringt mich dazu, diesem Roman etliche Sterne zu verleihen. Alles andere wäre zu einfach.