Das Geheimnis der alten Geige

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magdas_buecherwelt Avatar

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Ich liebe die Bücher von Anne Stern und habe auch Wenn die Tage länger werden sehr gern gelesen. Es geht um zwei Frauenleben, ihr Leben in der Gegenwart und die Erlebnisse ihrer Familien in der Vergangenheit.
Lisa ist Lehrerin und alleinerziehende Mutter des sechsjährigen Paul. Ihr stehen drei Wochen ohne ihren Sohn bevor, da dieser mit seinem Vater Janusz in dessen Heimat Polen nach Sopot an die Ostsee fährt. Sie kann sich ein Leben ohne ihr Kind kaum noch vorstellen und hat Angst vor dem Alleinsein.
Als Kind wurde Lisa von ihrer Mutter Barbara gezwungen, Geige zu spielen. Barbara hatte große Hoffnungen darin gesetzt, dass aus Lisa eine berühmte Violinistin wird. Bis heute bedauert sie zutiefst, dass Lisa das Geigenspielen aufgegeben hat und „nur“ Lehrerin geworden ist.
Lisa beschließt, die von ihr jahrelang vernachlässigte Geige restaurieren zu lassen und fährt zum Geigenbauer Hans Alleinstein. Der Achtzigjährige lebt mit Tochter Ute auf einem Schwarzwaldhof mit einer großen Streuobstwiese. Er findet heraus, dass die Geige sehr alt ist, und Lisas Neugier für die Geschichte der Geige wird geweckt. Ursprünglich gehörte das Instrument Barbaras Vater Helmut. Bald wandelt Lisa auf den Spuren der Geige, die sie zu der alten Frau Cohn führen, deren Familie in den 1920er und 1930er Jahren ein Antiquitätengeschäft besaß.
Lisa freundet sich mit Ute Alleinstein an, die die Auswirkungen ihrer Krankheit unter einem Kopftuch verbirgt. Auch Paul fühlt sich bald sehr wohl auf dem Bauernhof, wo er mit Hofhund Bella und den Kaninchen spielt.
Obwohl das Buch kein historischer Roman ist, enthält er doch einige historische Elemente. Es geht um Raubkunst und das Einverleiben jüdischen Eigentums in der NS-Zeit. Es geht um Kriegskinder- und Kriegsenkeltraumata - Barbaras Vater wurde als Naziverbrecher verurteilt und Utes Vater musste als Kind seine Heimat Ostpreußen verlassen.
Mir hat der Roman sehr gut gefallen, die Autorin hat mich auf eine blühende Obstwiese entführt, auf der ich mit Ute und Lisa leckeren Kirschkuchen genossen habe. Ich fand es spannend, was Lisa über die Vergangenheit ihrer Familie herausgefunden hatte und freute mich darüber, dass sich Vater und Sohn angenähert haben und Lisa eine neue Liebe gefunden hatte. Das Mutter-Tochter-Verhältnis ist und bleibt schwierig, was vor allem an Barbara liegt, die den frühen Verlust ihres Mannes und die kalte Atmosphäre in ihrem Elternhaus nie verwunden hatte. Sehr gern vergebe ich fünf Sterne und spreche eine Leseempfehlung für diesen berührenden Roman aus.