Neongewitter in der Tiefsee

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ismaela Avatar

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Also gut - ich schreibe jetzt erst mal die drei Dinge auf, die mir an diesem Buch nicht so sehr gefallen haben:

1. das Format ist ziemlich klein, fast wie ein normales Belletristiktaschenbuch vom Wühltisch. Ich weiß, das hat nichts mit dem Inhalt zu tun, aber bei einem Sachbuch - und ich ordne dieses Buch mal in dieses Genre mit ein - finde ich es schön, "was in der Hand" zu haben. Was mich gleich zu
2. bringt: es ist ein Sachbuch und es fehlt ein Inhaltsverzeichnis! Ganz unangenehm. Gerade, wenn man sich einen Überblick verschaffen möchte, um was es im Buch tatsächlich geht. Und
3. gleich am Anfang wird die Autorin auch als die Erstellerin der Zeichnungen und Grafiken benannt, die im Buch sind - und, es tut mir leid, aber diese Zeichnungen wirken in ihrer durchgängigen Schwarzweißheit ziemlich unbeholfen und wie am Paintprogramm zusammengebastelt.

Und was mir gefallen hat: der ganze Rest! :)

Mit erfrischender Offenheit und Esprit schreibt Julia Schnetzer über ihr Beruf- und Berufungsgebiet, nämlich der Meeresforschung. Sie beschreibt kurz ihren Werdegang dazu, bevor sie sich in einige Aspekte der Meere vertieft und darüber schreibt. Dabei geht es nicht nur um leuchtende Haie (so wie Schnetzer das beschreibt, müsste in den Tiefen der Ozeane alles in knalliges Neon getaucht sein), sondern auch um viele andere Bereiche in diesem Teil der Weltkugel. Ob es nun Fische oder Säugetiere sind, die sich im Wasser tummeln, Korallen, Seegurken, Krebse oder Muscheln, auch im und auf dem Wasser lebende Insekten werden beschrieben (was mir persönlich absolut neu war), einen kleinen Abstecher gibt es zu Vögel, die vor allem von Seegetier leben, und letztendlich kommen auch die Umweltaspekte der Ozeane nicht zu kurz.
Hier beschreibt die Autorin vor allem die Klimaerwärmung, die Überfischung und die langsame Zerstörung von Korallenriffen. Dabei schafft sie es, anschaulich zu beschreiben, wie fragil und ausgeklügelt das gesamte nasse System ist, und dass jede Veränderung, Störung oder Vernichtung auch nur eines einzelnen Teiles eine Kettenreaktion auslöst bzw. auslösen kann, die zum Schluss mit voller grässlicher Wucht über uns zusammenschlägt.

Dieses Buch lässt sich flüssig und fast in einem Haps lesen, weil Julia Schnetzer gekonnt beschreibt, ohne belehren zu wollen. Man merkt auf jeder Seite wie tief verwurzelt sie in dieser Thematik ist und wie sehr ihr die Meere, und was damit zusammen hängt, am Herzen liegt. Ab und an verliert sie sich ein bisschen in klein klein, und ab und an schreibt sie über Dinge, die ihr als Biologin vertraut und bekannt sind, der Leserin aber nicht unbedingt. Da kam ich ein bisschen ins Stolpern. Allerdings hatte ich nie das Gefühl, dass mich das so stört, dass ich nicht mal mehr den Sinn dahinter verstehe.

Alles in allem also ein weiteres tolles Buch aus der Serie Sachbuch-Roman. Ich würde mir wünschen, dass die Autorin noch weitere Bücher zu diesem Thema schreibt. Ich würde sie lesen wollen.

Edit: den Inhaltsverzeichnis-Kritikpunkt nehme ich zurück - es gibt nämlich eins! Das hatte ich komplett übersehen, bis ich hier in einer anderen Rezension darüber gelesen habe! Asche auf mein Haupt!!