Ruhiger, tiefgründiger, psychologisch ausgefeilter Mutter-Töchter-Roman

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naibenak Avatar

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Mutter Regina begleitet in den 90ern ihre große Tochter Antonia zum Abiball. So richtig freuen kann sich die sehr anspruchsvolle Mutter aber nicht, denn Antonia kommt so gar nicht nach ihr. Blass, introvertiert, unsicher und viel zu lieb geht Antonia durchs Leben - was soll nur aus ihr werden? Viel lieber ist Regina ihre zweite Tochter Wanda - ihr Spiegelbild! Wahnsinnig diszipliniert in jeder Hinsicht, frech und selbstbewusst, wunderschön (schlank!). Die wird es zu was bringen und macht am Ende hoffentlich noch mehr aus ihrem Leben, als Regina es je geschafft hat. Wie sehr unterschiedlich Regina ihren beiden Töchtern zugetan ist, wird immer wieder deutlich und es schmerzt mich als Leserin ein ums andere Mal.

Was aber auch deutlich wird: Wanda kämpft wie eine Irre um die Gunst ihrer Mutter, ist dabei relativ erfolgreich und erfährt so ihre Zuneigung. Allerdings auf Kosten ihrer eigenen Gesundheit. Antonia wiederum leidet sehr darunter nie genug zu sein, was Regina ihr regelmäßig klar macht. Sie fühlt sich klein und unsicher, wehrlos und oft überfordert von der Übergriffigkeit der Mutter. Nur beim Vater erfährt sie bedingungslose Liebe und Geborgenheit.

Besonders toll ist es, dass die Autorin diese Familie über einen längeren Zeitraum "beobachtet" und uns so aufzeigt, was aus den beiden Töchtern wird und wie/ob sie ihr Leben meistern. Die Entwicklungen sind sehr unterschiedlich, haben aber gemeinsam, dass beide eigentlich nie wirklich ankommen in ihren Leben.

Zuweilen sind mir die Beschreibungen etwas zu lang geraten und konnten mich nicht immer so mitreissen wie zu Beginn des Buches oder zum Ende hin. Sowieso ist der Roman insgesamt in einem sehr ruhigen, sanften und respektvollen Ton gehalten. Darauf sollte man sich einlassen können, dann kann man viel aus ihm mitnehmen.

Fazit: Diese Mutter-Töchter-Geschichte ist ein sehr gut und tiefgründig ausgefeilter Roman darüber, wie Kinder einer toxischen Mutter aufwachsen und sich entwickeln. Dabei wird viel Wert darauf gelegt, Ursachen aufzuzeigen - auch für das Verhalten der Mutter. Bei der Entwicklung der beiden sehr unterschiedlichen Töchter Wanda und Antonia sind wir dann quasi live dabei. Auf diese Weise wird immer wieder deutlich, wie bestimmte Verhaltensweisen der Mutter bei den Kindern ankommen, was sie bewirken. Und dass dies sehr unterschiedlich sein kann, erzählt der Roman in einer schönen, mitreissenden Prosa, die mich immer wieder sehr berührt hat.