Späte Rache

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bedard Avatar

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Ein alter Mann wird in seiner Wohnung von einem Gleichaltrigen gefoltert und schließlich erschossen. An der Wand hinterlässt der Täter die Buchstaben OAS, die Abkürzung für eine militante Gruppe, die während des Algerienkrieges vor 50 Jahren aktiv war.
Am Ende seines Urlaubs muss Inspecteur Gilles Sebag gemeinsam mit seiner Familie zur Beisetzung eines Schulfreundes seiner Tochter. Severine nimmt ihm am Ende das Versprechen ab, den Unfalltod ihres Freundes noch einmal genauer zu untersuchen.

So beginnt der zweite Roussillonkrimi von Philippe Georget. Gemeinsam mit seinem engsten Mitarbeiter Jacques Molina nimmt Sebag die Ermittlungen in dem ungewöhnlichen Mordfall auf.
Als dann auch noch ein umstrittenes Denkmal für verurteilte OAS-Kämpfer geschändet wird, deutet alles auf eine eher linksgerichtete Gruppe von Gegnern der Gemeinde der Algerienfranzosen hin.
Doch die leugnen vehement, für eine der Taten verantwortlich zu sein. Und auch Sebag glaubt nicht an eine so einfache Lösung. Seiner Intuition vertrauend, tauchen er und seine Kollegen immer tiefer in die Geschichte der Algerienfranzosen ein.
Parallel dazu wird in das Algerien am Anfang der 1960er Jahre zurückgeblendet und in kurzen Abschnitten die Geschichte einer kleinen OAS-Einheit erzählt. Langsam nähert sich der Leser auf diese Weise der Lösung des Falles, während die Polizei weiterhin im Dunkeln tappt. Anders als die Ermittler kennen die Leser auch den Mörder bereits von Anfang an, nur dessen Motiv wird erst langsam enthüllt.

Ebenso wie in dem ersten Roman um Inspecteur Sebag spielt dessen Familie und sein Innenleben eine erhebliche Rolle. Da ist zum einen seine Tochter, für die er unbedingt als Held dastehen möchte, der den Unfalltod ihres Freundes aufklärt. Und dann ist da die Beziehung zu seiner Ehefrau Claire, mit der er seit 20Jahren verheiratet ist. Während er im ersten Roman unter ihrem vermutlichen Betrug gelitten hat, ist er sich ihrer jetzt sicher, leidet aber unter der nie erfolgten Klärung.
Grundsätzlich ist gegen eine ausgeprägte Charakterisierung des Helden nichts einzuwenden, aber über zwei Romane die Eifersucht und Zweifel von Gilles Sebag zu verfolgen, ist denn doch zu viel des Guten. Das ohnehin nicht rasante Tempo dieses Krimis wird dadurch noch weiter ausgebremst. Auch eine etwas seltenere Erwähnung der Tramontana – (böiger)Wind in der Region – hätte ausgereicht.

Wetterleuchten im Roussillon ist trotz dieser Einschränkungen ein gut lesbarer Kriminalroman für Leser, die Interesse an historischen Hintergründen haben und ein etwas langsameres Tempo zu schätzen wissen.