Verrat am Kameraden

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gormflath Avatar

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Gleich nach dem Sommerurlaub muss Inspecteur Gilles Sebag seiner Tochter beim einem schweren Gang beistehen. Ein Schulkamerad des jungen Mädchens ist bei einem Verkehrsunfall mit seinem Roller ums Leben gekommen und wird beerdigt. Severine bittet ihren Vater, sich den Unfallhergang noch einmal genauer anschauen, denn die Familie des verunglückten Jungen hegt Zweifel am Tathergang.
Zunächst steht aber im Kommissariat eine wichtige Mordermittlung an: Ein alter Mann ist erschossen worden und es scheint Verbindungen zur Gemeinschaft der Algerien-Franzosen zu geben. Doch wer kann da mehr als 50 Jahre nach der Unabhängigkeit Algeriens noch ein Interesse daran haben, einen Mord zu begehen?

Mit seiner plastischen Schilderung des Mordes an einem alten Mann startet der Krim, der dann mit sich eher langsam entwickelnden Ermittlungen weiter voranschreitet. Inspecteuer Sebag, der sich bisher kaum mit diesem Teil der französischen Vergangenheit beschäftigt hat und dadurch wenig über die Geschichte, die dahinter steckt, weiß, erteilt sich selbst und dem Leser eine kleine Geschichtsstunde und bemüht sich die Zusammenhänge zu verstehen. Gilles Sebags Spürsinn beginnt zu arbeiten, wobei er auch den Wunsch seiner Tochter nicht außer Acht lässt. Doch oft genug wird er abgelenkt von seinen Eifersuchtsanfällen. Noch immer rätselt er, ob seine Frau eine Affäre gehabt haben könnte. Noch immer wagt er es nicht, direkt zu fragen, aus Angst der Verdacht könnte sich bestätigen.

Der Autor wechselt in seinem zweiten Krimi immer wieder die Perspektive zwischen Täter und Kommissar. Er erzählt in Rückblenden von den Gräueltaten eines OAS-Kommandos zu Beginn der 60er Jahre in Algerien. Der Roman gewinnt dadurch an Wert, zumal der Autor die Vergangenheit stets auch mit der Gegenwartsbrille betrachtet, was bei den Ermittlungen eine große Rolle spielt.

Ein gewiefter und untypischer Ermittler ist dieser Gilles Sebag, der seine Kollegen so manches Mal verblüfft und zur Verzweiflung bringt, da er den anderen mit seiner Intuition häufig einen Schritt voraus ist und Begebenheiten spürt, die die anderen in mühsamer Kleinarbeit gefunden haben. Ein sehr interessanter Krimi mit einem geschichtlichen Hintergrund, die dem Leser eine Thematik näher bringt, die hier vermutlich ebenso in Vergessenheit gerät wie in Frankreich oder sogar mehr noch, da keine direkte Betroffenheit besteht. Ein eher ruhiger Handlungslauf, der dennoch fesselt, lesenswert.

Besonders schön fand ich den Lokalkolorit des frühherbstlichen Roussillon, der Autor kennt die Gegend um Perpignan bestensuns streut immer wieder kleine Details ein. Wer die Gegend kennt, wird dies umso mehr zu schätzen wissen.