Wetterleuchten im Roussillon

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tardy Avatar

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Inspecteur Sebag ist gerade wieder aus dem Urlaub zurück, als die Leiche eines Rentners gefunden wird. Ermordet vom Mitglied einer Geheimarmee, die im Algerienkrieg eine große Rolle spielte. Die Ermittlung wird immer tiefer in die Politik hineingezogen und als die Familie Sebags ebenfalls involviert wird, muss er schließlich Stellung beziehen. Der mit 474 Seiten vergleichsweise umfangreiche Krimi hebt sich durch die eindrucksvolle Schilderung der Endphase des französischen Algerienkriegs von anderen, eher schematisch angelegten Werken gleichen Genres wohltuend ab. Durch gut gemachte, plastisch ausgearbeitete Rückblenden werden die Leser regelmäßig in die psychische Ausnahmesituation des dramatischen Rückzugs aus dem kolonialen Algerien mitgenommen. Auch die Psychologie innerhalb des Ermittlerteams wirkt glaubwürdig, zeugt davon, dass der Autor sein Handwerk versteht und nicht lediglich einen weiteren, im Grunde überflüssigen Krimi generiert hat. Konsequenterweise entspricht auch keiner der Charaktere dem sich frustrierend einfallslos wiederholenden Strickmuster so vieler anderer Krimis. Aber Achtung, wer zu schnell liest, könnte sich zwischen den nicht immer einfach zu verstehenden politischen Fronten der Akteure verlieren.
Summa summarum: Wer sich zwei längere Abende Zeit nimmt, kommt in den Genuß einer spannenden, niveauvollen Lektüre, die ohne jegliche Quälerei - ganz nebenbei - auch der Allgemeinbildung in europäischer Geschichte dient. Ich kann nur eine Lese-Empfehlung aussprechen!