Indiana Jones lässt grüßen

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Das ausgehende 19. Jahrhundert, der Kolonialismus bestimmt die Geschicke Afrikas, die Archäologie entwickelt sich zu einer ernsthaften Wissenschaft und mittendrin Inéz, eine junge Frau aus gutem Hause, deren Vorstellung von Leben mehr ist, als es die Gesellschaft Frauen zu dieser Zeit zugesteht. Doch ganz starke weibliche Heldin, geht sie beherzt ihren Weg und dieser führt nach der Nachricht vom Tod ihrer Eltern nach Ägypten an die Ufer des Nils, jener Ader des Lebens, die nicht nur Touristen anzieht, sondern auch zahlreiche Abenteurer und Schatzsucher. Dort begegnet sie Whit, der zum Ausgrabungsteam ihres Onkels gehört und ebenso charmant ist, wie unverschämt und natürlich gutaussehend.

Isabel Ibañez entführt ihre Leser:innen in eine Welt, die an die Abenteuer von Indiana Jones oder Rick O’Connor (Die Mumie) erinnert. Ein unwiderstehlicher Held in khakifarbenen Hosen und zerknittertem Leinenhemd, permanent im verbalen Schlagabtausch mit der widerspenstigen Heldin inmitten einer mysteriösen Story um das Grab der letzten Pharaonin Ägyptens: Kleopatra. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive von Inéz und Whit erzählt, erhält so mehr Tiefe und gibt Einblicke in einige Nebenstränge, die deutlich machen, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Oder wie Isadora, eine junge Engländerin mit schusssicheren Eigenschaften, Inéz ermahnt: „…denk daran, nicht mehr so vertrauensselig zu sein“. Das gilt ebenso für die Leserschaft, denn nahezu jeder Charakter scheint so seine Geheimnisse zu haben.

Und wem das noch nicht reicht, der darf sich über eine Prise Magie freuen. Während zu Inéz’ Zeit magische Artefakte mehr ein kurioses Überbleibsel aus der Vergangenheit sind, beherrschte Kleopatra Zauberei, die sogar 1.000 Jahre später noch einigen Gegenständen anhaftet. Inéz spürt diese Magie, was nicht allen möglich ist, sodass sie selbst Kleopatras intimste Gefühle und Erinnerungen sehen kann.

WHAT THE RIVER KNOWS von Isabel Ibañez ist Abenteuerroman und Romantasy zugleich. Sie verknüpft eine knisternde Enemy-to-Lovers Story mit einer vielschichtigen Abenteuergeschichte, eingebettet in spannende Kolonialgeschichte. Mehr geht nicht. Eigentlich. Doch der Verlag packt noch einen selten schönen Farbschnitt obendrauf, der das scherenschnittartige, dunkel gehaltene und mit goldenen Details ausgestattete Cover zu einem Lieblingsstück im Bücherregal veredelt.

Was ich nicht gebraucht hätte, sind die beiden Illustrationen der Zeichnungen, die Inéz von Whit gemacht hat. Hier hätte man den Leser:innen ihre Fantasie lassen und auf die wenig gelungenen Porträts verzichten sollen. Ebenso verzichtbar ist das stete Lecken über die trockenen Lippen der Hauptprotagonistin. Doch über diese Schwächen lässt sich leicht hinwegsehen und ich freue mich auf Band 2 der Dilogie, die aufgrund des brutalen Cliffhangers am Ende hoffentlich nicht lange auf sich Warten lässt.