Ich hatte direkt das Gefühl, neben der Protagonistin zu stehen, zu spüren, was sie fühlt – oder eben nicht fühlen darf.

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
buchueberherz Avatar

Von

Diese Leseprobe hat mich sofort gepackt – still, eindringlich und tief unter die Haut. Justine Pust schreibt auf eine Weise, die nicht laut sein muss, um zu berühren. Die Atmosphäre ist von Anfang an dicht und bedrückend, und trotzdem wollte ich gar nicht aufhören zu lesen. Ich hatte direkt das Gefühl, neben der Protagonistin zu stehen, zu spüren, was sie fühlt – oder eben nicht fühlen darf.

Ihr Schreibstil ist ruhig, reduziert, aber genau das macht ihn so wirkungsvoll. Es ist diese Klarheit, in der so viel zwischen den Zeilen steckt. Die Worte sind gezielt gewählt, ohne großes Drama, aber mit einer Wucht, die lange nachhallt. Ich mochte, wie ehrlich und ungefiltert das alles wirkt – nicht geschönt, nicht übertrieben, sondern echt. Es geht um Dinge, die viele lieber nicht sehen wollen: emotionale Kälte, Hilflosigkeit, Sprachlosigkeit. Aber es wird nicht bewertet, nicht erklärt – es wird einfach gezeigt. Und genau das tut weh. Auf eine stille, leise Art, die umso mehr trifft.

Was mich besonders berührt hat, ist dieses Gefühl von Unsichtbarkeit, das die Protagonistin mit sich herumträgt. Die Art, wie sie in ihrer eigenen Familie keinen Platz findet, wie Worte fehlen, Berührungen fehlen – und wie viel sie trotzdem spürt. Zwischen all dem liegt eine stille Hoffnung, ganz zart, fast unmerklich. Aber sie ist da. Und das gibt dem Ganzen etwas Tragendes.