Ich hatte mehr Female Rage erwartet, war aber vom Fokus doch begeistert.

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faanielibri Avatar

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Es gibt ja immer so Bücher, die man sehnlichst erwartet. Mehr als andere Neuerscheinungen. ‚When Women Were Dragons‘ von Kelly Barnhill, übersetzt von Isabelle Gore, war so ein Buch für mich. Ich habe mich auf Drachen gefreut, auf Female Rage, Feminismus. Und ich habe eine Geschichte bekommen, die in eine andere Richtung geht, mich aber trotzdem weitestgehend überzeugen konnte.

Drachinnen. Die kennt man ja aus vielen Fantasygeschichten. Stolze Wesen, meist Furcht einflößend und Ehrfurcht gebietend. Barnhills Drachinnen sind da eher anders. Frauen* verspüren in ihrer Geschichte einen Ruf, einen Sog, der sie dazu bringt, sich in Drachen zu verwandeln. Ich hatte mir vorgestellt, dass das genau dann passiert, wenn Frauen* wütend sind. Wenn sie ungerecht behandelt werden, Sexismus erfahren. Gewalt. Wenn sie sich wehren wollen und müssen. Falsch gedacht! Es passiert beim Abendessen, in der Schule. Also mitten im Alltag. Die Wandlungen werden von Regierung und Presse unter den Tisch gekehrt, denn dieser Ausdruck von Feminismus ist schließlich ungeheuerlich, zeigt aber nur zu deutlich das Patriarchat. Leider konnte ich die Drachinnen selbst bis zum Schluss gedanklich nicht fassen. Dadurch war es schwer, sie als etwas anderes als eine Allegorie zu interpretieren.
Die Frauen* in der Geschichte sind entgegen meiner Vorstellung eher wenig wütend. Sie werden in ihrer Gesamtheit als schwaches Geschlecht dargestellt, dem Männer nichts zutrauen. Das ihre klassisch konservative Rolle als Hausfrau und Mutter erfüllen soll, allerhöchstens zur Sekretärin taugt. Der Fokus Barnhills liegt eher auf den Frauen* selbst, als auf ihrer Wut gegen andere. Auf ihrer Selbstachtung und Selbstverwirklichung, in einer Zeit, die so schwer war für eben das. Dieser Fokus ist Barnhill auch wirklich toll gelungen. Wir begleiten in der Geschichte zwei Schwestern, die ihre Ziele verfolgen, egal was Gesellschaft oder Familie davon denken. So schwer der Weg auch sein mag. Dabei bekommen sie vor allem von anderen Frauen* Unterstützung. Der Zusammenhalt und Support unter den meisten der Frauen* hat mich dabei besonders berührt.
Im Gegensatz dazu wurden mir die Männer doch ein bisschen zu einseitig dargestellt. Bis auf einen waren alle Männer sexistisch, lieblos und/oder uninteressiert an ihren Frauen oder Kindern. Voller Vorurteile und sehr konservativ. Manche Männer waren richtig abscheulich zu ihren Frauen, ihre Aussagen haben mich als Leserin ziemlich wütend gemacht. Die Frauen* in der Geschichte leider nicht..