Ein wunderbares Buch darüber, was wirklich im Leben zählt

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
crow Avatar

Von

Kennt ihr das? Ihr seid unglaublich begeistert von einem Buch oder einer anderen Sache und dann hört ihr andere Leute darüber reden und die sind nicht so begeistert. Dann stellt ihr alles in Frage. Liegt ihr mit eurer Meinung wirklich so daneben? „Wie man die Zeit anhält“ spaltet die Leser extrem. Entweder man liebt dieses Buch aus der Feder von Matt Haig, findet den Schreibstil und die Erzählung großartig, oder man findet es einfach furchtbar, beschwert sich über Plattitüden und versteht nicht, um was es hier gehen soll. Deswegen hab ich gegrübelt und gegrübelt. Aber ganz ehrlich? Meine Meinung hat sich nicht geändert. Kein Stück. Ich liebe dieses Buch. Ich habe wunderschöne Zitate in diesem Buch lesen dürfen, die mir die Seele erhellt und das Herz geöffnet haben. Mit seinem wunderschönen Schreibstil hat Matt Haig mich gleichzeitig träumen und wach werden lassen. Mich hat "Wie man die Zeit anhält" einfach abgeholt. Und deswegen werde ich versuchen, dich, lieber Leser meiner Rezension, so auf dieses Buch vorzubereiten, dass du dich auch in dieses Buch verlieben kannst.

Ich liebe Zeitreisen. Ob in Filmen, in Büchern oder einfach nur durch das Betrachten von Fotos. Die Menschen haben sich unter anderem technologisch und modisch so weit entwickelt und doch sind ihre Herzen gleich geblieben. Das Leben ist immer ein Wechselspiel aus Angst, Sicherheit, Macht und Liebe. Ich finde das faszinierend. In "Wie man die Zeit anhält" lädt der Protagonist Tom Hazard den Leser dazu ein in seinen über 400 Jahre alten Erinnerungen durch die Zeit zu reisen. Und es wird klar, dass Matt Haig darüber nachdenkt, was nach 400 Jahren noch wichtig im Leben ist. Wie verändert ein so langes Leben? Nach Matt Haigs Überlegungen verstärken sich alle Emotionen über so ein langes Leben hinweg. Siegt die Angst vor der Ohnmacht, weil man merkt, dass das eigene Leben nur ein kleines Sandkorn ist? Oder siegt die Liebe, weil man in 400 Jahren versteht, dass Liebe das einzige ist, was zählt? Gleich zu Beginn erzählt Tom Hazard, dass ihm verboten wurde sich zu verlieben, als er sich einer Organisation angeschlossen hat, die ihm dafür seine Sicherheit versprochen hat. Aber ist das wirklich ein Leben, ohne Liebe? Lohnt es sich, sich selbst aufzugeben, um ein derartiges Leben in dieser Art Sicherheit zu leben?

400 Jahre hat Tom Hazard schon gelebt. Was zählt da noch? Das geschichtliche wird unwichtig. Es sind nur Erinnerungen, die den Protagonisten auf dem Weg zu sich selbst geprägt haben. Was bleibt nach 400 Jahren noch? Tom Hazard hat Kopfschmerzen als wäre es eine Art Kater. Als fehle ihm etwas wichtiges.

Ich habe dieses Buch als philosophischen Diskurs mit einer für mich sehr wichtigen Botschaft gelesen. Ja, es kam mir sogar vor, als würde ich mit Matt Haig in einen Dialog treten. Was andere Leser als Platitüden lesen, war für mich Matt Haigs Versuch altbekanntes in neues, 400 Jahre altes, Licht zu rücken. Dieses Buch ist ein Gedankenspiel mit der Frage: Was ist im Leben wirklich wichtig? Matt Haig nimmt einen 400 Jahre alten Protagonisten um das Leben wie unter einem Mikroskop zu vergrößern, damit deutlicher wird, worum es ihm geht. Das könnte natürlich enttäuschend für die Leser werden, die erwarten, dass sie Geschichte hier hautnah miterleben dürfen. Das kann der Leser zwar auch, aber es steht nicht im Fokus.

Wenn man uralt ist und all das erlebte nichtig wird, weil sich alles, was passiert, scheinbar wiederholt, ist Liebe das Einzige, was wichtig ist, weil diese die Zeit anhalten kann und ihr einen Sinn verleiht. Liebe hilft einem im Moment zu bleiben und gibt ihm die nötige Bedeutung. Liebe bekämpft die Angst und macht Sicherheit unwichtig. Darum geht es in diesem Buch.

Am Schluss ist die übermächtige Sicherheit der Organisation doch nicht so groß und die Frage ist: Was bedeutet das für das Buch? Wird es einen zweiten Teil geben? Oder ist dies Matt Haigs Weg zu sagen, dass es diese Sicherheit niemals gegeben hat? Ich hab es auf die zweite Art gelesen, hätte aber nichts gegen einen zweiten Teil einzuwenden.

Im Nachhinein denke ich, dass ich hier keine Rezension sondern eine Liebeserklärung geschrieben habe. Das liegt daran, dass meiner Meinung nach "Wie man die Zeit anhält" ein wunderbares Gedankenspiel ist. Ich habe dieses Buch unglaublich gerne gelesen und kann es nur jedem ans Herz legen.