Unter den Albatrossen

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mianna Avatar

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Der auch in Deutschland bekannte Schriftsteller Matt Haig hat in seinem neuen Roman „Zeit“ philosophisch aufgegriffen. Die fiktive Geschichte um den „Albatros“ Tom Hazard entwickelt sich zu einem Thriller. Anders als Menschen altern Albatrosse viel langsamer und werden deswegen Hunderte von Jahren alt. So auch Tom, der Anfeindungen und Todesdrohungen durch die normal sterblichen Menschen („Eintagsfliegen“) ausgesetzt ist. Geboren im Jahr 1581, erlebt er mehrere Jahrhunderte, später geschützt durch die Organisation der Albatrosse. Um die Albatrosse zu schützen, muss das Geheimnis bewahrt werden – die oberste Regel ist es sich nicht auf Normalsterbliche einzulassen. Denn dann sind alle in Gefahr.

Dieser spannende Roman beschäftigt sich mit der Zerrissenheit, der großen Sehnsucht nach einem Lebenssinn und dem Bedürfnis zu „Sein“. Die Geschichte ist durchgehend dramatisch, eine schwere Lektüre. Tom hat ein hartes Los, flieht sein ganzes Leben lang und selbst dann holt ihn der „Erinnerungsschmerz“ immer wieder ein. Immerhin ist selbst sein Gehirn (obwohl er ein Albatros ist) nicht dafür gemacht die Erfahrungen und Erlebnisse mit allen Gefühlen aus Hunderten von Jahren zu verarbeiten. Der Autor erfasst die Gefühle und Gedanken der Hauptfigur einfühlsam. Dies alles kann den Lesenden deswegen sehr nahegehen, beängstigend und erschütternd wirken.

Die Geschichte ist neben der Schwere ebenso faszinierend und begeisternd. Matt Haig hat mit viel Fantasie geschichtliche Ereignisse in England und der Welt vom Mittelalter an in der Person des Tom Hazard vereint. Die Begeisterung für Geschichte und die Geschichte an sich wird spürbar und rückt näher – immerhin hat Tom dies alles erlebt. Der Autor bedient sich vieler Zeitsprünge und Ortswechsel, die teilweise schnell aufeinander folgen. So ist es schwer der Geschichte zu folgen.

Die hohe Intensität verbunden mit der hohen Informationsdichte macht das Buch ab der Hälfte schwer lesbar. Es wirkt langatmig und taucht zu sehr in Toms Seelenschmerz ab. Es kann helfen Teile zu überspringen, um Abstand zu gewinnen. Und am Ende geht es schließlich um Verrat und Verschwörung, es gibt Tote. Bei aller Heftigkeit und Absurdität ist die Geschichte doch logisch erzählt. Das Ganze wird dann noch rund.

Eine in sich schlüssige, anschauliche Fiktion: Drama und Thriller in Einem. Sehr intensiv und mit viel Seelenschmerz.