Zukunftsangst oder Carpe diem?

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
mowala Avatar

Von

Tom Hazard sieht aus wie ein Mann Mitte 40, ist aber über 400 Jahre alt. Durch eine spezielle Veranlagung altert er ab der Pubertät extrem langsam.
Jahrhunderte schlägt er sich durch sein langes Leben, bis der Leiter einer Gesellschaft, die für den Schutz und die Geheimhaltung der Existenz der Albatrosse, im Gegensatz zu uns normallebigen Eintagsfliegen, sorgt.
Hendrichs Credo ist, sich niemals zu verlieben, alle acht Jahre wechselt man seine Identität, getrieben ist er von einer gewissen Paranoia, als Laborratte für die Forschung gebraucht zu werden.

Tom hat schon in frühster Jugend erleben müssen, dass seine Veranlagung Nährboden für Aberglauben und Hexenwahn bietet und daraus die Lehre gezogen, dass es besser ist allein zu bleiben, um geliebte Menschen nicht in Gefahr zu bringen.

Er ist zwar seines langen Lebens überdrüssig, wird aber vom Wunsch, seine wie er veranlagte Tochter zu finden, sowie vom seinem Versprechen an seine Mutter und seine einzige Liebe Rose, sein Leben nicht selbst zu beenden, getrieben.

Trotz aller Gebote Hendrichs und der Zukunftsängste, dass er geliebten Menschen zwangsläufig zur Gefahr wird, verliebt er sich in seine Kollegin Camille, eine Begegnung, die schon sehr früh in Camilles Leben ihren Anfang nahm.

Er stößt Camille von sich fort aus der altbekannten Angst, dass er ihr Leben gefährden könnte.
Erst die Begegnung mit einem Freund aus alter Vergangenheit und auch mit Hilfe von Camille, erkennt Tom, dass man die glücklichen Zeiten nicht anhalten kann, aber auch nichts davon hat, aus Angst vor Unglück keine glücklichen Zeiten zu erleben.
„Wir kennen immer nur den Moment, in dem wir uns befinden“.

„Wie man die Zeit anhält“ ist ein angenehm unaufgeregt aus Sicht des Protagonisten erzählter Roman, der auch ohne viel Action und mit undramatischen aber gefühlvoll und herzerwärmend beschriebenen Liebesgeschichten, der mich von Beginn an gefesselt hat.
Gerade, dass Tom keine spektakulären Abenteuer erlebt hat, Zeit genug hatte er ja, sondern einfach von seinem Leben berichtet und was ihn bewegt, machte dieses Buch für mich zu einem frühen Lesehighlight in diesem Jahr.
In einer Zeit, wo danach gestrebt wird, die Lebenszeit immer weiter zur verlängern, ohne wirklich zu wissen, was Mensch mit dieser Zeit anfangen will und kann, ist es berührend zu erleben, welche Last ein Jahrhunderte währendes Leben sein kann, in dem irgendwann das Leben an einem vorbei zieht samt der Menschen darin, dass irgendwann ein genügendes Maß an Erfahrungen und Erlebnissen erreicht ist.

Mir gefiel Haigs Stil. Das Buch war spannend, traurig und berührend, eine Empfehlung auch für Leser, die ihre Komfortzone der üblich bevorzugten Genres (wie ich ) mal verlassen möchten.