Stimmen eines Aufstands

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amara5 Avatar

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Nach ihrem erfolgreichen Erstlingswerk erzählt die kamerunisch-amerikanische Autorin Imbolo Mbue nun eine kraftvolle, ergreifende und erschütternde Geschichte über ein afrikanisches Dorf, das von einem mächtigen, amerikanischen Ölkonzern sukzessiv vergiftet wird. Zwar ist die über 40 Jahre chronologisch gewürfelte und generationsübergreifende Erzählung fiktiv – und doch könnte sie genau so passiert sein.

Es fing mit trockenem Husten der Dorfbewohner von Kosawa an, dann starben die ersten und es wurden immer mehr – durch die Ölbohrungen wird nicht nur die Umwelt und die Luft verschmutzt und nutzbare Landflächen brach gelegt, sondern auch tödliche Gifte in das Wasser geleitet. Was mit einem Versprechen zu Wohlstand begonnen hat, endet für das afrikanische Dorf in einer kolossalen Ausbeutung und dem Entzug einer Lebensgrundlage. Die eigene Regierung ist korrupt, zieht selbst Gelder aus der Ölgesellschaft und wer sich gegen das Imperium stellt, verschwindet auch mal spurlos. Genug ist genug beschließt die Dorfgemeinschaft und schmiedet einen jahrzehntelangen Plan des Aufstands. Mitarbeiter der amerikanischen Firma Pexton werden als Geisel genommen, doch das ist nicht alles, was diese facettenreiche, politische und gewaltvolle Geschichte, in der es fast nur Verlierer geben kann, zu Tage bringt. Das junge Mädchen Thula beispielsweise wird subtil zur Jugend-Anführerin des Aufstandes und setzt auf Bildung als Waffe – von den USA aus unterstützt sie ihr Dorf. Es kommen aber noch zahlreiche weitere Stimmen zu Wort: Alte, Junge und ein ganzer Chor an Kindern, die ihre Schicksale, Biografien, aber auch von dem Leben im Dorf sowie von der Gier, dem Leid und Tod berichten.

Imbolo Mbues großartiges Talent liegt in der brillanten, weitgespannten und klangvollen Erzählweise über Generationen hinweg: Mehrere individuelle Stimmen aus unterschiedlichsten Perspektiven und Zeiten tragen diesen bewegenden und aufrüttelnden Roman, der auch die Schönheit, den Zusammenhalt und die Traditionen des afrikanischen Dorfes detailliert und bildgewaltig schildert. In Zeitsprüngen und aus vielen Personen heraus bildet sich eine Gesamtstimme, die nicht nur aus Schwarz/Weiß besteht, sondern auch ein kraftvolles Afrika aufzeigt, das von Korruption, Kolonialisierung und Neokolonialismus gebeutelt ist und einen scheinbar aussichtslosen Kampf führt. Mbue packt aktuelle und brisante Themen in eine kluge, feinsinnige und lange nachhallende Geschichte über Ressourcen-Ausbeutung, Gegenwehr und Selbstbestimmung – packend und verstörend zugleich.