Mord in der Wiener Klassik

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Einen weltberühmten Spielort hat Theresa Prammer als Hauptkulisse für ihren Kriminalroman „Wiener Totenlieder“ gewählt: Die Wiener Staatsoper ist dabei nicht nur Kunst- und Kultstätte, sondern zugleich auch eine mörderische Lokalität. Dabei stehen nicht nur Bizets „Carmen“, Bersteins „West Side Story“, Cálmáns „Csardasfürstin“, Mozarts „Zauberflöte“ und Lehárs „Land des Lächelns“ auf dem Spielplan, sondern auch mehrere mysteriöse Todesfälle.
Der mit der Fahndung betraute Polizist Hannes Fischer sieht keine andere Möglichkeit für eine erfolgreiche Ermittlung, als zwei „gute Bekannte“ mit einem „Undercover-Einsatz“ zu betrauen: Mehr oder minder freiwillig begeben sich Kaufhausdetektivin Carlotta, die weder als Opernsängerin noch im Polizeiberuf punkten konnte, sowie der ehemalige Mordkommissar und jetzige Clown Konrad, den das Verschwinden seiner Tochter mächtig aus der Bahn geworfen hat, auf blutiges Parkett.
Sie bekommen es mit einem illustren theatralischen Völkchen zu tun, die sich in den unterschiedlichsten menschlichen Bindungen und Verwicklungen präsentieren.
So umfangreich der Personenreigen, so interessant hat Autorin Prammer die einzelnen Charaktere gestaltet: Sie alle geben ihre Stärken, Schwächen und menschlichen Schicksale im Verlauf der Geschichte erst nach und nach zu erkennen und ebenso offenbaren sie dem Leser ihre Beziehungen untereinander nur sehr zögerlich. Dieser inhaltliche Schachzug der Autorin ist ebenso geschickt wie ihre formale Vorgehensweise: Dabei werden nicht nur Gegenwart und Vergangenheit immer stärker verwoben. Zugleich laufen mehrere aktuelle Handlungsstränge parallel nebeneinander her, scheinen sich zeitweilig zu berühren, um sich dann doch wieder voneinander zu entfernen und andere Konstellationen einzugehen. Prammer gelingt es, die Spannung konsequent zu halten und zu steigern, um gegen Ende das zwar erwartete obligatorische, dennoch aber durchaus überraschende Finale zu zelebrieren. Zu diesem Zeitpunkt hat sie in einem überzeugenden inhaltlichen wie stilistischen Werk – nicht zuletzt mittels manch gesellschaftlicher Abgründe und Tabus sowie zwischenmenschlicher Turbulenzen – die anfangs wenig zusammenhängend erscheinenden Puzzleteilchen zu einem stimmigen Gesamtbild zusammengefügt.
Fazit: (Ent-)spannende, flüssig zu lesende literarische Kost mit feinsinniger klassischer Dramatik, interessanter sozialer Thematik und zuweilen charmant-bissigem Humor. Empfehlenswert.