3 unterschiedliche Frauen auf einem Hof

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miltonia 01 Avatar

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Da ist der Autorin ein ganz ruhiges unaufgeregtes Buch über den Lebensalltag dreier Frauen aus 3 Generationen gelungen.

Marlies heiratet Konrad, den Erben eines der angesehensten Höfe des Dorfes. Und auf diesem Hof hat Lisbeth, Konrads Mutter das Sagen, ihr Wort gilt und sie lebt und leitet den Haushalt und Hof, wie sie es von ihren Vorfahren gelernt hat. Das war kein einfaches Leben, aber jede Tätigkeit hatte ihren Sinn und orientierte sich am Bestehen und Wohlergehen des Hofes.

Marlies mag sich aber weder in dieses Gefüge nahtlos einpassen noch hat sie gelernt, eine Bäuerin zu sein. Und so beginnt sie wieder zu arbeiten, sie macht den Jagdschein als einzige Frau des Dorfes und lernt Traktor fahren. Alles Sachen, die Lisbeth nicht gut finden kann. Vor allem aber bekommt sie nur ein Kind und das auch eher aus Zufall und nicht als Wunsch.

Diese Tochter Joanna ist wiederum der Sonnenschein für Oma Lisbeth und steht wiederum in ihren Lebenseinstellungen oft gegen ihre Mutter Marlies. Und Oma Lisbeth hat für Verhaltensweisen und Handlungen ihrer Enkelin wesentlich mehr Verständnis als sie es für ihre Schwiegertochter hat. Was wiederum Marlies auch sehr aufstößt.

Der Roman erzählt abwechselnd aus Sicht von Lisbeth und von Marlies, jede der Frauen hat Gründe für ihr Verhalten, ich kann jede Seite verstehen, aber sie werden sich nie untereinander verstehen. Das ist sehr fein beschrieben, unwillkürlich schlüpft man immer in die jeweilig erzählende Denkwelt. Die Männer auf dem Hof erscheinen dagegen eher als arbeitende Statisten, die den stillen Kampf zwischen den Frauen nur am Rande bemerken und sich wohlweislich eher heraushalten. Was zumindest bei Marlies und Konrad nicht zur Besserung des Ehelebens beiträgt.

Und gleichzeitig ist das Buch auch eine Geschichtsstunde über das Leben in Westdeutschland vom Ende des 2. Weltkrieges bis zur Gegenwart. Viele Sachen kommen uns heute absurd vor, z. B. dass die Frauen in Westdeutschland sehr lange die Einwilligung ihres Ehemannes benötigten, wenn sie arbeiten gehen wollten.

Die Sprache des Buches ist durchaus ungewöhnlich, viele Halbsätze, die zuerst meinen Lesefluss hemmten, aber doch zum Buch und der Geschichte sehr gut passen.
Alles in allem eine ganz ruhige Lektüre, die zum Nachdenken bringt, deshalb von mir 4 Sterne.