Ein ungeschöntes Porträt des Landlebens aus weiblicher Perspektive

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
waschbaerprinzessin Avatar

Von

Das Cover mag mit seinen rosafarbenen Blüten leicht kitschig wirken, doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen, denn in Ute Manks Roman „Wildtriebe“ herrscht alles andere als Bauernhofromantik. Das Leben auf dem Bethches-Hof folgt dem Rhythmus der Jahreszeiten und die Frauen im hessischen Hausen folgen dem seit Jahrzehnten für sie vorgegebenen Weg. Doch als Marlies den Hoferben Konrad heiratet, ist sie sich alles andere als sicher, ob dies auch ihr Weg ist. Als sie schließlich selbst eine Tochter bekommt, möchte sie, dass diese die Freiheit hat, ihren eigenen Weg zu wählen, auch wenn sie schmerzhaft erfahren muss, dass dieser Weg von ihr wegführt. Mit ihrer Unangepasstheit sorgen sowohl Mutter als auch Tochter im Dorf für so manches Getuschel über die Bethches-Frauen.

Als jemand, der selbst auf einem alten Bauernhof in einem hessischen Dorf großgeworden ist, haben mir bereits die ersten Sätze großes Wiedererkennungspotenzial geboten. „Wildtriebe“ hat bei mir unglaublich viele Erinnerungen an Traditionen und die Gegebenheiten in meinem Heimatort sowie an Erzählungen der Frauen aus den Generationen vor mir wachgerufen, was die Lektüre für mich umso packender gemacht hat. Ute Mank trifft mit ihren Beschreibungen des Lebens auf dem Dorf und insbesondere in alten Bauernfamilien den Nagel auf den Kopf.

Im Fokus des Buchs stehen die drei Frauen des Hofs sowie die weiteren weiblichen Figuren. Obwohl sie unter dem Druck gesellschaftlicher Erwartungen stehen, hat man das Gefühl, dass sie es sind, die im Dorf und in den Familien den Ton angeben, während alle männlichen Figuren in diesem Roman die meiste Zeit stumm ihrer Arbeit nachgehen. Mank schafft es, dass man sowohl Lisbeth als auch Marlies verstehen kann und mit ihnen mitfühlt, obwohl sie solch widersprüchliche Ansichten haben und einander – meist nicht einmal mit Absicht – das Leben schwer machen. Man lernt die beiden beim Lesen mit all ihren Träumen, Lebensvorstellungen, Ängsten und Selbstzweifeln kennen. Schade ist allerdings, dass man Joanna nur mit den Augen der Mutter und der Großmutter betrachtet und die Autorin nicht auch aus Joannas Sicht schreibt. So kommen in diesem Roman, in dem es um drei so verschiedene Generationen geht, leider nur die zwei älteren Generationen wirklich zu Wort.

„Wildtriebe“ von Ute Mank ist ein wirklich schöner Roman, der sich gut lesen lässt und sowohl die Realität des Landlebens als auch die Rolle der Frau in der Gesellschaft im Wandel der Zeit porträtiert und zeigt, dass Freiheit und Glück für jede der drei Protagonistinnen ein wenig anders aussehen.