Mein Haus ist nicht dein Haus

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Marlies heiratet Konrad und zieht auf den Bethches-Hof, auf dem ihre Schwiegermutter Lisbeth das Sagen hat. Sie gibt ihren Beruf auf, weil das damals so üblich ist, aber Bäuerin werden möchte sie nicht. Sie will mehr vom Leben, aber was, das weiß sie selbst nicht so genau. Sie findet das Hausfrauendasein und die Mutterschaft nicht erfüllend genug und so wird das Zusammenleben auf dem Hof zum ständigen Kampf zwischen den Frauen, ein Kampf um Haushaltsführung, Kindererziehung und andere alltägliche Dinge.

Anfangs erinnern sich beide Frauen an die Vergangenheit, hängen ihren Gedanken nach, resümieren die Geschehnisse. Dann, im Laufe der Geschichte, ist es, als ob alles, was bereits geschehen ist, gerade jetzt stattfindet. Unmerklich rutscht das Leben, das vergangen ist, in das Jetzt, erleben wir das, was den Frauen widerfahren ist, hautnah mit. Dies und der Umstand, dass manche Sätze unbeendet, manche Gedanken, in der Luft hängend, einfach unvollendet belassen werden, macht für mich einen großen Reiz der Erzählung aus. Ein ungewöhnlicher Schreibstil, der für mich aber dennoch alltäglich wirkt. Wie oft fängt man im Kopf einen Satz an, den man nicht zu Ende denkt, der aber gleichwohl Sinn macht? Im Buch fehlt trotzdem kein Wort, versteht man jeden Gedanken und denkt ihn selbst zu Ende; mal so und mal so. Passen tut es immer.

Die (meistens) zwischen den Frauen herrschende Zwietracht, die versteckten und auch offenen Feindseligkeiten, das Unverständnis für die andere, das ist stellenweise schon schwer zu ertragen. Oft hätte ich gerne eine der beiden geschüttelt, sie angeschrien und aufgefordert, es gut sein zu lassen. Auf ihre Art sind beide gleich, wenn auch ihre Erziehung und die Zeit, in der sie groß wurden, es ihnen unmöglich macht, dies zuzugeben; anderen und sich selbst gegenüber. Jede glaubt, nein, jede weiß, dass sie im Recht ist und von außen betrachtet scheint es so. Keine ist bereit, nachzugeben, nicht bereit, der anderen ein Stück entgegenzukommen.

Ich habe beim lesen alle Gefühle durchlebt, ich war ungläubig und wütend, entsetzt und traurig, ich habe aber auch geschmunzelt und gelacht, geweint und den Kopf geschüttelt. Ich hatte Verständnis für beide Frauen und doch waren beide mir so fremd. Zwei Generationen trafen aufeinander und es schien, als gäbe es keine Möglichkeit, diese zu vereinen. Wie die Geschichte letztlich ausging, hat mir sehr gefallen, das Ende war richtig und gut. Zufrieden klappte ich das Buch zu und war begeistert. Von mir gibt es 5 Sterne und eine Leseempfehlung.