"Das Haus stirbt nicht, das einen Gast willkommen heißt." (sudanesisches Sprichwort)

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
dreamworx Avatar

Von

1959 London. Die letzte Stunde des Jahres wird gerade in der Londoner Luxusherberge Flanagans eingeläutet, wo dessen Besitzerin Linda Lansing viele Gäste der High Society beim Silvesterball begrüßen kann. Linda, in der schwedischen Kleinstadt Fjällbacka aufgewachsen, führt seit 10 Jahren nun das von ihrem Vater geerbte Traditionshaus, wobei sie sich immer wieder gegen die missgünstigen, intriganten Verwandten stellen muss, die sie unbedingt aus dem Geschäft drängen wollen. Sie musste den Job ganz allein auf der Pieke an lernen und will sich nicht um ihren Erfolg bringen lassen, wobei sie Unterstützung von ihrer besten Freundin Mary erhält, die mit einem Adligen verheiratet ist und beste Beziehungen hat. Linda, selbst eine Kämpfernatur, ermöglicht zudem anderen jungen Frauen, in ihrem Hotel zu arbeiten und sich damit einen Traum zu erfüllen…
Asa Hellberg hat mit „Willkommen im Flanagans“ einen unterhaltsamen und kurzweiligen Auftakt für ihre historisch angehauchte Hotelserie gelegt. Mit flüssig-leichtem und bildhaftem Erzählstil zieht sie den Leser in die Vergangenheit hinein, wo er sich im „Flanagans“ einnistet und die Hotelerbin bei ihrem täglichen Kampf für ihr Erbe und die darin Angestellten begleitet. Schon die Beschreibungen des traditionsbeladenen Luxushotels lassen das Kopfkino anspringen, die reiche und illustre Gästeschar sowie die fleißigen Schar von Bediensteten hinter den Kulissen wechseln sich vor dem inneren Auge des Lesers ab, wobei Linda Lansing nebst ihren umtriebigen Cousins Lawrence und Sebastian den Mittelpunkt bilden. Die von der Autorin fließend eingearbeiteten Rückblenden geben dem Leser zusätzlich Einblick in Lindas Leben in Schweden, bevor ihr Vater starb und in ihre Anfangszeit im Londoner Hotel, wo sie sich von Beginn an den Drohungen der lieben Verwandtschaft gegenüber sah. Die Ansichten der damaligen Gesellschaft hat die Autorin ebenfalls gut eingefangen. Frauen, die sich für eine berufliche Karriere interessierten, wurde es nicht gerade leicht gemacht. Zu der Zeit herrschte immer noch die Einstellung, dass Frauen nur zur Ehe und Familienführung eignen. Umso erfrischender ist nicht nur die Tatsache, dass Linda sich alles selbst erarbeitet hat und auch jungen Frauen in ihrem Hotel die Möglichkeit bietet, sich hochzuarbeiten.
Die Charaktere sind sehr unterschiedlich gezeichnet und mit individuellen Eigenschaften versehen. Ihre Lebendigkeit und Authentizität wirken glaubwürdig auf den Leser, der ihnen gerne folgt und dabei auch mal einen Blick durchs Schlüsselloch riskiert, um hinter die Fassade zu blicken. Die 31-jährige Linda hat dem Vermächtnis ihres Vaters verschrieben und unter einigen Entbehrungen das Hotel auf die Erfolgsspur geführt. Sie ist eine offene und kluge Frau, die sich ihren Platz erkämpft hat und sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen lässt. Mary ist Linda eine gute Freundin, die sie nicht nur unterstützt, sondern auch mit ihrer frischen offenen Art für Abwechslung sorgt. Lawrence ist kalt wie ein Fisch, er versprüht seinen Hass und seine Drohungen, schreckt vor nichts zurück, um seinen Willen zu bekommen. Elinor hat im „Flanagans“ einen Platz gefunden, wo ihre Hautfarbe keine Rolle spielt, sondern wo Leistung zählt – und die erbringt sie mit viel Fleiß und Hingabe. Emma hat andere Vorstellungen von ihrem Leben als ihre Familie, deshalb sucht die clevere und freche junge Frau im Hotel ihr Glück auf eine Anstellung. Aber auch Robert, Sebastian und Alexander spielen eine wichtige Rolle innerhalb der Geschichte.
„Willkommen im Flanagans“ beschert dem Leser einen unterhaltsamen Aufenthalt in einer Luxusherberge mitten in London, wobei er nicht nur auf illustre Gäste, sondern auch auf starke weibliche Persönlichkeiten sowie einige Intrigen und Dramen stößt. Sehr geeignet für einen gedanklichen Kurztrip. Verdiente Leseempfehlung!