Ein kleiner Knödel, große Gefühle – und mittendrin Wilma.

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schildi_88 Avatar

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Ein kleiner Knödel, große Gefühle – und mittendrin Wilma.
Mit „Wilma und der Wutknödel“ ist Inka Vigh ein wahres Herzensbuch gelungen, das Kinder dort abholt, wo sie oft allein mit ihren Emotionen stehen: mitten im Gefühlschaos. In einer liebevoll erzählten Geschichte begegnet uns ein ganz normaler, ziemlich doofer Tag – und mit ihm ein Gefühl, das so viele Kinder kennen, aber selten greifen können: Wut.

Wilma hat einen richtig schlechten Tag. Nichts klappt, keiner hört ihr zu, alles ist irgendwie doof. Wer kennt das nicht? Und während sich in ihr langsam aber sicher eine Welle aus Frust, Ärger und Traurigkeit zusammenbraut, passiert etwas Wundervolles – aus dieser Welle wird ein kleiner Begleiter: der Wutknödel. Kein Monster, kein Schreckgespenst, kein überdrehter Comic-Clown – sondern eine sanfte, verständnisvolle Figur, die genau das macht, was Kinder in diesen Momenten brauchen: einfach da sein.

Inka Vigh gelingt mit ihrem Buch ein kleines Kunststück. Sie bringt das große Thema „Wut“ auf eine Weise zur Sprache, die nicht belehrt, sondern begleitet. Wilmas Gefühlswelt wird nicht erklärt, sondern erlebt. Kinder werden hier nicht von außen angeschaut, sondern finden sich in Wilma wieder: in ihrem Frust über die Hektik am Morgen, im Ärger über fehlende Rücksichtnahme, in der Ohnmacht, die entsteht, wenn Erwachsene über den eigenen Kopf hinweg entscheiden.

Der Wutknödel wird dabei zur kindgerechten Metapher – ein liebevoll gezeichnetes Bild für das, was in Kindern wächst, wenn ihre Bedürfnisse übergangen werden. Und ebenso behutsam wie klug zeigt das Buch, wie man mit diesem Knödel umgehen kann: Nicht durch Wegdrücken oder Beschwichtigen, sondern durch Verstehen, Zulassen und kreative Strategien. Einige dieser Strategien gelingen Wilma, andere nicht – und genau das ist so glaubwürdig. Kinder erleben nicht nur Lösungen, sondern auch, dass man es einfach ausprobieren darf.

Die Sprache des Buches ist angenehm ruhig, fast poetisch – ohne Schnörkel, aber mit Herz. Sie traut ihrem jungen Publikum etwas zu, spricht auf Augenhöhe und schafft es, große Emotionen in kleine Sätze zu fassen. Auch für die vorlesenden Erwachsenen ist das eine Wohltat: Kein moralischer Zeigefinger, keine künstliche Kinderwelt, sondern ein ehrliches, warmes Erleben.

Besonders hervorzuheben sind die Illustrationen, die das gesamte Buch durchziehen: zart, detailverliebt, und voller Leben. Jede Seite erzählt eine eigene kleine Geschichte. Die Bilder unterstützen den Text nicht nur – sie erweitern ihn. Es sind Szenen, die sowohl die Handlung als auch die Emotionen einfangen, und dabei genügend Raum für eigene Gedanken und Fantasie lassen. Der Wutknödel selbst ist so liebevoll dargestellt, dass er Kindern keine Angst macht – sondern ihnen Mut gibt, ihre eigenen „Knödel“ kennenzulernen.

Ein wunderbares Extra ist die Bastelanleitung am Ende des Buches, mit der Kinder sich ihren eigenen Wutknödel basteln können. Das ist nicht nur kreativ und spielerisch, sondern macht das Thema „Wut“ noch greifbarer. Kinder können damit ihren Emotionen eine Form geben – und ihnen vielleicht sogar einen Namen.

Fazit:
„Wilma und der Wutknödel“ ist weit mehr als nur ein schönes Bilderbuch – es ist ein emotionales Werkzeug, ein leiser Helfer, ein Spiegel für kleine (und große) Menschen im Gefühlschaos. In einer Welt, in der Kinder oft funktionieren sollen, statt zu fühlen, zeigt dieses Buch mit viel Herz, dass alle Gefühle Platz haben dürfen – auch die Wut. Und dass sie, wenn man sie ernst nimmt, manchmal einfach nur einen kleinen Knödel braucht, der sagt: Ich bin da.

Ein tiefgründiges, wunderbar illustriertes Buch, das in jedes Kinderzimmer gehört – und in jedes Herz.