Solider Krimi, aber viele Nebenschauplätze

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Das Buchcover passt gut zum Buch, nach dem Motto, die Idylle ist trügerisch. Mich spricht es persönlich nicht so an.

Als Krimi-Fan freute ich mich, eine mir bisher unbekannte Krimiserie zu lesen. Ich hatte zuvor noch nie etwas von Alexander Oetker gelesen und auch Luc Verlains erste beiden Fälle kenne ich nicht. Auch nach der Lektüre bin ich mir noch unschlüssig, ob dies ein Nachteil war. Mit meiner Meinung zum Buch bin ich etwas zwiegespalten. Auf der einen Seite war es ein guter Krimi, der sich schnell und flüssig lesen ließ. Auf der anderen Seite war „Winteraustern“ nicht so meins. Ich bin etwas enttäuscht, denn ich dachte, ich hätte eine neue Serie für mich entdeckt, aber dieser Krimi war nicht so meins. Zuerst wusste ich nicht genau, woran es liegt, im Endeffekt sind es viele Kleinigkeiten, die zusammengenommen für mich dann doch zu viel sind, um „Winteraustern“ uneingeschränkt empfehlen zu können. Grundsätzlich mag ich es, wenn es im Buch nicht nur um den Kriminalfall, sondern auch um den Kommissar geht. In diesem Fall war mir das Privatleben etwas zu viel. Der Handlungsstrang mit Luc Verlains Vater wäre für mich ausreichend gewesen. Er passt sehr gut zum Fall und war stimmig. Zusätzlich noch alle Details mit seiner Kollegin und Freundin waren mir dann zu viel. In dieser Hinsicht finde ich auch den Ausblick auf den nächsten Band nicht sehr verlockend. Das Privatleben des Kommissars sollte für mich eine untergeordnete Rolle spielen. Die Auflösung des Falles ist logisch, aber ich hätte mir ein anderes Motiv gewünscht. Der Täter war mir schon früh klar, da von den vorkommenden Personen sonst eigentlich niemand in Frage kam. Das Motiv ist für mich, vor allem mit der Vielzahl weiterer gesellschaftskritischer Aspekte zu stereotyp. Das ist wahrscheinlich auch mein Hauptkritikpunkt für einen atmosphärischen Frankreichkrimi war mir einfach zu viel in die gut 300 Seiten gepackt. Den Krimi um die Austernfischerei in Frankreich spielen zu lassen, hat mir sehr gut gefallen. Die Hintergrundinformationen waren sehr interessant und mir bisher unbekannt. Auch die Sozialkritik die dazu gehört war passend und stimmig. Dieser Punkt hätte für mich inhaltlich ausgereicht. Die (Pariser) Problematik der Migranten hätte es für mich nicht auch noch gebraucht. Es hat mich eher in meinem Lesefluss gestört und am Ende auch verwirrt. Ich habe nicht verstanden, was letztlich aus Karim wurde.

Nun zu den positiven Aspekten. Der Ort der Austernfischerei hat mir sehr gut gefallen. Ich konnte mir alles gut vorstellen. Zur tatsächlichen Orientierung halfen auch die beiden Karten vorne (Gegend um Arcachon) und hinten (Bordeaux) im Buch, die sehr ansprechend gestaltet waren. Der Einstieg in den Kriminalfall und die Idee, die Handlung dort spielen zu lassen, wo Luc Verlain aufgewachsen ist, ist interessant. Die eingestreuten französischen Sätze und Ausdrücke, sowie die französischen Namen der Personen, Städte etc. trugen zum Flair des Krimis bei.

Trotz meiner oben genannten Kritikpunkte gebe ich „Winteraustern“ vier Sterne. Wie bereits erwähnt ist der Ort der Handlung, die Ausarbeitung der Charaktere, Einbettung des Geschehens in die Austernzucht und der französische Flair sehr gut gelungen. Alexander Oetkers Schreibweise liest sich gut und flüssig. Zudem ist das Buch mit den zwei Karten im Innenteil schön gestaltet.