Kälte zwischen den Jahren

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leselottchen Avatar

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Inge Boysen legt sich ins Bett im Schlafzimmer ihres kleinen Inselhaus hinter dem Deich. Es ist die besinnliche Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr. Mit im Haus leben ihr Sohn Enno und dessen Frau Kerrin, die Kinder sind schon ausgeflogen. Kerrin schaut nach ihrer Schwiegermutter und ist sich ganz sicher, dass diese nicht mehr atmet. Bestürzt versucht sie telefonisch die Familie herbeizurufen. Und obwohl alle eigentlich gar keine Zeit haben und deswegen dieses Jahr schon Weihnachten nicht wie sonst miteinander feierten, reißen sie sich von ihrem Alltag los und begeben sich so schnell wie möglich auf die Insel in der Nordsee.
Das sind außer Enno, Inges Tocher Gesa mit ihrem Mann Jochen und den Kindern Marten und Kaija, die jüngere Tochter Berit, sowie Inka, die Adoptivtocher von Enno und Kerrin. Nur der zweite Sohn Boy, der sich auf See befindet, begibt sich erst verspätet auf die Reise zu seinem Elternhaus. Jede Person in dieser Geschichte trägt sein eigenes Päckchen mit sich herum, gefüllt mit Sehnsüchten, Zweifeln, Ängsten oder Geheimnissen. Inge mittendrin, die auf wunderliche Weise zur Freude aller doch nicht von Ihnen gegangen ist.
In den letzten Stunden im alten Jahr spitzt sich die Wetterlage langsam zu. Keiner kann die Insel verlassen. Es stürmt, schneit, hagelt und die ganze Landschaft ist vereist.
Ein winterliches Szenario, abgeschieden von der Außenwelt. Die Nerven der Familienmitglieder sind angespannt.
Anfangs hatte ich leichte Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzutauchen. Zu viele Beschreibungen der Personen, ihrer Nöte und Wünsche, gleichzeitung fehlte mir eine gut funktionierende
Kommunikation zwischen allen. Vieles blieb unausgesprochen. Jeder denkt ans Erben und wie das Leben nach Inges womöglich baldigem Tod weitergeht. Sogar Boy, der fernab von der Insel tausende von Kilometer auf einem Schiff festsitzt.
Die Wechsel von einer Person zur anderen waren mir manchmal zu abrupt, das Zitieren von englischsprachigen Musikstücken zu viel. Mit der Zeit kam ich dann besser in das Geschehen dieses Romans hinein. Ein schöner Sprachstil, manchmal fast ein wenig zu poetisch. Das letzte Drittel des Buches hat mich dann doch noch beim Lesen gefesselt. Das offene Ende hat mich aber ein wenig enttäuscht. Zu viele Fragen blieben unbeantwortet. Wie geht es mit Enno, Gesa und Jochen weiter. Kommt Boy doch noch vor Mutters Tod nach Hause. Ich fühlte mich am Ende des Buches etwas allein gelassen.
Aber vielleicht gibt es ja noch eine Fortsetzung.
Das Cover des Buches gefällt mir sehr gut, der Titel ist absolut ansprechend und wohlüberlegt. Alles in allem fand ich trotz schöner Sprache diese Familiengeschichte etwas zu eintönig, ein wenig mehr Spannung hätte dem Roman sicher nicht geschadet.