Die Scheinheiligkeit der guten Gesellschaft

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holzfrieden Avatar

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Auch der zweite Band um Kommissär Reitmeyer ist großartig. Angelika Felenda kann einfach gut schreiben. Sie versteht es, geschichtliche Fakten so zu erzählen, dass man als Leser nie gelangweilt ist, sondern erstaunt, dass Krimi und Historie so gut miteinander harmonieren.
Hilfreich ist, wenn man auch den ersten Band "Der eiserne Sommer" gelesen hat. Denn alle Charaktere werden in "Wintergewitter" fortgeführt und weiter ausgebaut. Reitmeyer wird mir zunehmend sympathisch, er beginnt sich seinen Kriegstraumata zu stellen und diese zu verarbeiten. Auch seine Kollegen, der junge Polizeianwärter Rattler, der stets übereifrig, aber auch sehr plietsch ist, und Steiger, stets loyal, werden sehr überzeugend weiterentwickelt.
"Wintergewitter" ist zeitlich in den 1920er Jahren angesiedelt. Der aufkommende Nationalsozialismus spielt eine wesentliche Rolle. Es wird sehr deutlich, dass auch der Beamtenapparat der Polizei von Menschen mit antisemitischer Gesinnung durchsetzt ist, was die Aufklärung von Straftaten und das Vertrauen in die Polizei erschwert. Die junge Gerti ist die weibliche Protagonistin in diesem Roman. Sie ist eine junge Frau, die einem sofort sympathisch ist, weil sie sehr viel auf sich nimmt, um in München nach ihrer minderjährigen Schwester zu suchen. Es gibt viele Verstrickungen vieler Menschen in diesen Fall. Das macht das Buch sehr spannend. Keine Zeile darf überlesen werden, will man wirklich verstehen, wie die Zusammenhänge sich gestalten. Die Einblicke in das Leben der kleinen Leute, die Felenda gibt, lassen einen die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg regelrecht miterleben.
Am Ende habe ich mir gedacht: Bitte ganz bald mehr vom Kommissär!