Verbrecherjagd in Niederbayern

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Franz Eberhofer, Polizist in Niederkaltenkirchen, einem kleinen Ort mitten im „Nichts“ in Niederbayern in der Nähe von Landshut, erzählt aus seinem Alltag: vom Zusammenleben mit seinem Vater (leidenschaftlicher Beatles-Fan) und seiner Oma (schwerhörige Superköchin); von seinen Freunden Flötzinger (sexhungriger Heizungsbauer) und Simmerl (besorgter Metzger); seinem Gspusi Susi; dem Ferrari vom Sonnleitnerhof und natürlich von seinem Verdacht, die drei Neuhoferfamilienmitglieder könnten vielleicht doch nicht den unglücklichen Umständen, sondern einem Mörder zum Opfer gefallen sein.

Dieser Provinzkrimi trägt seinen Namen zu Recht. Er ist nicht nur lokal, sondern vor allem sprachlich und grammatikalisch genau an seine Herkunft angepasst. Diese Eigenheit hat mir von Anfang an nicht nur gut, sondern bestens gefallen. Schließlich bin ich aus der Gegend und ein Roman mit „Eingeborenenslang“ ist etwas ganz besonderes, da fühlte ich mich sofort heimisch. Um keine Missverständnisse entstehen zu lassen: das Buch ist nicht im Dialekt geschrieben (einzelne Dialektwörter werden im Glossar perfekt erklärt), sondern in der Umgangssprache, wie man hier eben so spricht. Grammatikalische „Ungereimtheiten“ inklusive. Es wirkt, als würde der Franz die ganze Geschichte seinem Freund Simmerl beim Wolfi bei einem Bier erzählen. Sehr direkt und sehr nah dran.

Auch die gezeichneten Personen und der verwendete Humor sind regionaltypisch. Über die detailliert gezeichneten Niederkaltenkirchner und ihre Eigenheiten musste ich oft herzhaft lachen, genauso wie über manche „running gags“, die sich wie ein roter Faden durch das Buch gezogen haben. Am besten hat mir dabei die schwerhörige Oma gefallen, die es sich nehmen lässt, beim Rockkonzert in erster Reihe abzurocken, und eine überteuerte Rechnung mit einem Tritt vors Schienbein löst. Aber auch viele andere Leute sind in ihrer Schrulligkeit einfach nur liebenswert.

Allerdings, und hier kommt mein Hauptkritikpunkt, wurde die Grenze von „Schrulligkeit“ hin zu „Spinnert“ oft überschritten und die Personen als Dorfdeppen hingestellt, was mich als Einheimische geärgert hat.  Wir Dorfbewohner haben natürlich andere Eigenheiten als die Stadtbevölkerung, aber so ganz hinterm Mond leben wir auch nicht mehr. Auch hier hat sich mittlerweile eine gewaltlose Erziehung durchgesetzt und ein Polizist, der ständig mit der Waffe herumfuchtelt, wäre wohl nicht mehr lange im Dienst. So schwankt die Hauptperson, Polizist Franz, zwischen aggressiven Psychopathen und Volltrottel, der nicht bis drei zählen kann. Es zieht sich hin, bis der Kriminalfall (der sowieso eher eine untergeordnete Rolle spielt), endlich von ihm aufgelöst wird. Dem Leser ist hingegen sehr schnell klar, was es mit den Neuhofertodesfällen auf sich hat. Zudem war die Sprache oft sehr derb und so manche Einzelheit wollte ich gar nicht so genau wissen.

Nettes „Zuckerl“ sind neben dem humorvollen Glossar auch die ausführliche Vita der Autorin und natürlich die Rezepte von der Oma. Besonders die waren auch notwendig, wurde im ganzen Buch doch durch die wiederholte Aufzählung schmackhafter Spezialitäten mein Appetit geweckt.

Fazit: Punkten konnte dieser Krimi vor allem durch seine regionstypische Sprache und den eigenwilligen Humor, das wohl besonders Einheimischen (wie mir) gefällt. Allerdings waren manche Charaktere zu sehr überzeichnet und der Kriminalfall zu durchsichtig und damit stellenweise langweilig. Durchschnitt.