Zu viel gewollt

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mammutkeks Avatar

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Das Mägertal im Allgäu ist schmal, hoch- und abgelegen. Die Bewohner sind eher vom kauzigen Typ, haben ihre Macken und Schrullen. So auch die Brüder Jakob und Karl, die zunächst das - nicht allzu üppige - Erbe des Vaters durchbringen, später dann mit illegaler Arbeitsvermittlung das große Geld zu machen versuchen. Ein Versuch, der allerdings grandios scheitert.

Im Allgäu wohnt auch der Journalist Robert Walcher, der neben der Liebe für gutes Essen und noch bessere Weinen noch eine Eigenschaft aufweist. Er scheint eine Art Superheld zu sein. Denn ihm gelingt es, meist ohne viel Anstrengung, die vielfältigen Verknüpfungen, die hinter dem Fall stehen, aufzuklären. Dass er als erfahrener Journalist natürlich viele Kontakte hat, ist klar, aber dass diese gerade immer dort informiert sind, worüber er gerade nachdenkt und forscht, ist konstruiert und macht die Story unglaubwürdig.

Der Krimi beginnt mit einem wirklich spannenden Prolog, als Vater und Sohn zur Urlaubshütte aufsteigen, in der sie eigentlich ein paar Tage Ruhe und Entspannung wünschen. Stattdessen finden sie Leichen vor, die in Müllsäcken verpackt, dort abgelegt wurden. Schon schnell wird klar, dass es sich bei diesen um die illegalen Marokkaner handelt, die auf dem Hiemerhof untergebracht waren. Auch die "kleine Lösung" des Falles wird bereits frühzeitig gegeben: Die Marokkaner sind an einem Virus erkrankt und wurden von den Hiemer-Brüdern in die Hütte geschafft.

Nun beginnt jedoch erst die eigentliche Aufklärung des Falles - und die nimmt Dimensionen an, die in die Pharmaindustrie zeigen und zudem jedem Verschwörungstheoretiker große Lust bereiten würden. Es gibt einen Maulwurf in der SOKO, in der - unerklärlicherweise - auch Journalist Walcher beteiligt ist, es gibt Vertuschungsanweisungen aus allerhöchsten Stellen, Menschenversuche in aller Welt - und eben diesen schon fast allwissenden Journalisten im Allgäu, der alles aufdeckt.

Durch kurze Kapitel, die aus verschiedenen Perspektiven, u.a. der Krankenschwester Sophie, des einzigen überlebenden Marokkaners Tarik, natürlich aus der von Walcher und von Kommissar Brunner, geschrieben sind, wird die Handlung vielschichtig aufgebaut. Allerdings verliert sie dadurch auch an Fahrt, dümpelt so manches Mal nur vor sich hin und verliert sich in Nebensächlichkeiten. Andererseits macht der Perspektiv- und Personenwechsel den Roman auch gut und schnell lesbar.

Verglichen mit den Romanen Wolfgang Schorlaus, der sich in "Die letzte Flucht" ebenfalls mit der Pharmaindustrie auseinandersetzt, ist die grundlegende Recherche zum Fall bei Rangnick für mich weniger ausgeprägt. Vieles an der Geschichte erscheint konstruiert und nicht untermauert. Für einen politischen Krimi leider zu wenig, für einen Heimatkrimi jedoch viel zu viel. Leider wird Rangnick seinen Ansprüchen nicht gerecht und hat wohl zu viel gewollt, was dann nicht umgesetzt wurde.