eine etwas andere Familiengeschichte mit ziemlich offenem Ende

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miian Avatar

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Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen und ich habe es regelrecht verschlungen.
Die Erzählung gliedert sich in fünf Kapitel, jeweils aus der Sicht von Jivan, Gargi, Radha, Jeet und Sita. Gargi, Radha und Sita sind die Töchter von Devraj, einem legendären Firmengrüner; Jivan und Jeet die Söhne von Ranjit, Devraj' Partner. Zwischen den einzelnen Teilen finden sich immer wieder kurze "Einspielungen" aus der Gedankenwelt des Devraj.
Zur Geschichte: Jivan kehrt nach dem Tod seiner Mutter aus Boston zurück nach Indien zu seinem Vater Ranjit und dessen Geschäftspartner Devraj. Durch Jivan lernt auch der Leser das Leben auf "der Farm" mit den Augen eines Neuankömmlings kennen und erfährt so die Grundstruktur der Gesellschaft in dieser Familie. Devraj ist gerade dabei, seine 60% der "Company" auf seine drei Kinder bzw. deren Ehemänner aufzuteilen und verursacht mit seiner Aufteilung einiges an Unmut.
Gargi ist die älteste Tochter von Devjar und leitet bereits den Großteil des Firmenunternehmens, "die Company". In ihrem Leben scheint sich alles nur um die Company und das Managements der Farm zu drehen. Sie ist erfolgshungrig und lässt einen gewissen Grad an Größenwahn erkennen. Pflichterfüllung ist ihr oberstes Gebot.
Die mittlere Schwester Radha leitet die PR der Company und führt ein ganz anderes Leben als Gargi: sie schwelgt in Luxus, betrinkt sich und kokst jeden Tag. Für sie zählt primär, schön zu sein, bewundert und begehrt zu werden. Verdeutlicht wird ihre verblendete Art und ihr Bestreben, allen gefallen zu wollen sehr stark damit, dass sie die sexuellen Übergriffe von Ranjit, die seit ihrer Jugend stattfinden, als Beweis, dass er sie von den drei Schwestern am liebsten hat, wertet anstatt als etwas Anstößiges.
Sita ist als die Jüngste der drei Schwestern ein Rebell und weigert sich, ihrem Vater blind jeden Wunsch zu erfüllen und Gehorsam zu leisten. Dadurch bringt sie allerhand Trubel in die Familie. Trotzdem ist sie der Liebling ihres Vaters.
Im Spannungsfeld dieser Charaktere und dem krassen Kontrast zwischen dem unvorstellbaren Wohlstand der Familie und dem Leben in einem (fiktiven) Slum, dessen Struktur stark an die neun Kreise der Hölle von Dante erinnern, wird der Konflikt um die Liebe des Vaters aber auch um die Erbschaft und den eigenen Stellenwert in der Company ausgetragen und fordert hohe Tribute.

Der Schreibstil passt wunderbar zum Erzählten und nimmt den Leser mit in das Leben der jeweiligen Akteure. Dass der Roman derartig gewalttätige Höhepunkte haben wird, ließ sich von der Leseprobe nicht erahnen und doch passen sie in die Handlungsmuster. Es bleibt kein Stein auf dem Anderen und meiner Meinung nach wirft das Ende einige Fragen auf. Für meinen Geschmack ein etwas zu abruptes Ende. Ein Kleiner Wertmutstropfen ist, dass die Charaktere oft halbe oder ganze Sätze in Hindi oder Indisch oder ähnlichem Sprechen, ohne dass eine Übersetzung geliefert wird bzw. nicht klar ist ob die nachfolgenden Sätze dasselbe aussagen und ob die fremdsprachigen Phrasen von Bedeutung für den Leser sind. Es gibt im Buch ein Glossar, welches jedoch für jemanden mit wenig Einblick in die indische Kultur bei weitem nicht vollständig ist. Im Nachwort wird darauf hingewiesen dass Begriffe, welche auf Wikipedia erklärt werden, nicht ins Glossar aufgenommen wurden. Das finde ich sehr schade, denn wenn ich ein Buch (ja, in gedruckter Form!) lese möchte ich nicht immer wieder auf Wikipedia nachschlagen müssen!