The Company

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abibliophobia Avatar

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Auf das Buch „Wir die wir jung sind“ von Preti Taneja habe ich mich sehr gefreut. Das Cover ist dank der rauen Schrift auch ein haptisches Erlebnis.
Zu Beginn des Buches kehrt Jivan Singh nach dem Tod seiner Mutter nach Indien zurück, weil sein Vater, der Chef eines riesigen Imperiums, seine Nachfolge klären möchte. Bereits auf den ersten Seiten spürt man, wie groß und mächtig die Company sein muss. Der Roman ist stark angelehnt an Shakespeares King Lear, eine großartige Idee diese Geschichte auf das Indien im 21. Jahrhundert zu übertragen. Die Machtfrage erfolgreicher Patriarchen ist heute aktueller denn je.
Dieses Buch nimmt einen mit auf die Reise ins ferne Indien, deren Charaktere und Kultur man Stück für Stück näher gebracht bekommt. Die Kindheitserinnerungen der Familienmitglieder komplettieren die Beschreibung der Hauptfiguren. Am Anfang hat man noch ein wenig Schwierigkeiten, mit den fremd klingenden Namen und ihrer Zuordnung, dies legt sich aber nach einigen Seiten.
Das Buch beschreibt auf eine sehr gute Art und Weise die Vermischung der alten Traditionen mit neuen Lebensweisen und Ansichten. Die Kapitel werden aus der Erzählperspektive unterschiedlicher Personen erzählt, sodass man eine gute Orientierung erlangt und verschiedene Sichtweisen kennen lernt. Der Roman ist voller spannender, kontroverser Themen wie das indische Kastensystem, die Rolle der Frau, Machtverhältnisse innerhalb der Familie, Zwangsheirat und Drogenkonsum.
Alle Familienmitglieder führen ein Leben voller Regeln und Vorschriften, man fragt sich wie lebenswert solch ein Leben sein kann? Oder ist diese Lebensweise normal, wenn man es nicht anders kennt. Der Ausbruch Sitas macht deutlich, wie streng die Vorschriften innerhalb der Familie sind. Diese Familie hat Macht und kann trotz aller Regeln tun und machen, was sie möchte. Taneja beschreibt eindrucksvoll, wie jedes Familienmitglied anders mit dieser Macht und seinem vorbestimmten Leben umgeht. Sie verschafft uns einen ehrlichen, uneingeschränkten Blick auf die indische Gesellschaft und ihre Sitten und ist dabei sehr kritisch und mutig.
Diese fremde Welt fasziniert, ekelt aber auch gleichermaßen an. Man taucht völlig ein in die tiefen Machenschaften der indischen Wirtschaft und vergisst, dass man sich mit seinem Buch in Deutschland auf dem Sofa befindet und nicht in Indien. Als Frau waren mir einige Passagen doch etwas zu heftig, man ist entrüstet und muss sich klar machen, dass es sich um eine völlig andere Kultur handelt. Das Buch ist voller Intrigen innerhalb und außerhalb der Familie. Eine Gesellschaft voller Regeln, an die sich im Endeffekt doch keiner hält, sodass Brutalität, Mord, Totschlag und Korruption dem Alltag entsprechen.
Der Einblick in diese Familiengeschichte ist einzigartig und die Autorin schafft es, dass man tief in diese Welt eintaucht und die ganze Bandbreite an Emotionen erlebt. Dieses Buch bringt den Geist zum Arbeiten.