Eine besondere Freundschaft

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_sabrina_ Avatar

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Josie ist 41 und schwanger. Zum ersten Mal und das in verhältnismäßig „hohem“ Alter ´- doch das ist nicht mal das Hauptproblem. Das ist Bengt ihr sogenannter „Freund“, der immer den Dienstagabend für sie reserviert hat und das seit immerhin neun Jahren. Kathie ist 70 und hat gerade ihren Mann verloren. Es gab nicht immer nur glänzende Zeiten und mit dem Sohn läuft es auch nicht gerade rund… Nun will das Schicksal, dass die beiden Frauen aufeinandertreffen und es entsteht eine Freundschaft, die Früchte trägt.

Zu Beginn hatte ich meine Schwierigkeiten mit der Figur der Josie, die sich von einem Mann über Jahre hinhalten lässt. Mir erschien sie für ihn als Betthäschen, während sie wirklich von ihm abhängig war. Für eine Frau mittleren Alters und einer guten Position im Jugendamt schon ein bisschen speziell. Da konnte ich mit Kathie, der frischen Witwe doch mehr anfangen, aber auch da taten sich schon bald Abgründe auf.

Gelungen fand ich die Auseinandersetzung mit der Schwangerschaft und auch dem Thema Trisomie 21. Hier wird gezeigt, dass Menschen mit der Erkrankung auch ein völlig zufriedenes Leben haben können und man manchmal einfach nur seine Haltung vielleicht überdenken sollte. Gleiches gilt für einen anderen Themenbereich, der mit einer Behinderung oder Krankheit so gar nichts zu tun hat, aber auch eine Frage der Haltung ist. Um Spoiler zu vermeiden bleibe ich sehr vage. Warum kann denn im 21. Jahrhundert noch immer nicht einfach jeder so leben, wie er/sie das möchte? Warum muss wegen so etwas ein Fass aufgemacht werden? Hier der Autorin ein Hoch, wie sie Josie argumentieren ließ – und zwar in beiden Belangen. Es war eine tolle Entwicklung, die die zu Beginn des Buches so abhängige und scheinbar völlig unselbstständige Frau gemacht hat und dabei war es auch wirklich authentisch. Gewachsen mit den Aufgaben und Herausforderungen, macht sie eine immer bessere Figur und wirkt auch auf Dritte positiv ein. Darunter natürlich Kathie, die ihren Laden schon immer geliebt hatte, auf Drängen der Ökonomie und ihrer Familie vor 12 Jahren jedoch die Pforten schloss und nun überdenkt ihn wieder zu öffnen.

Der Schreibstil mit den wechselnden Perspektiven ist lebendig und es lässt sich auch sehr gut lesen, sodass ich nach zwei Tagen mit dem Buch durch war. Die Entwicklung der Charaktere war überzeugend und die Freundschaft der beiden Frauen hat mir sehr gut gefallen. Ebenso die Tatsache, dass in beiden Familien so einiges nicht immer bilderbuchmäßig war und seine Auswirkungen bis heute bestehen, aber auch Wege aufgezeigt werden, wie man sich solchen Situationen stellen kann, sodass sie ein wenig von ihrem Schrecken verlieren können.

Es gab viele Baustellen in dem Buch, wie im echten Leben. Allerdings wurde mir dann manches einfach zu schnell und zu nebensächlich mal eben eingestreut. Das waren schon elementare Dinge im Roman, die dann plötzlich da waren und auf die dann nicht so eingegangen wurde, wie ich das erwartet hätten. Auch der Schluss kam mir ein bisschen plötzlich, als habe schnell alles notiert werden müssen, da die Seitenzahl erreicht ist. Und dennoch hat mich die Geschichte an sich gut unterhalten, sodass ich unter dem Strich drei Sterne gebe. Ich muss aber auch einfach noch anfügen, dass es nicht so ganz mein Genre ist und ich vielleicht begeisterter wäre, wäre es nicht nur mal eine Abwechslung zu meinen Krimis und Thrillern gewesen, die ich neben Sachbüchern, am häufigsten lese.