Wie das Leben eben manchmal so spielt…

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Wie das Leben eben manchmal so spielt…

Josie ist 41 und ungewollt schwanger von Bengt, Vater von zwei Kindern und verheiratet. Für beide steht sofort fest, dass sie kein Kind wollen, oder auch nicht? Je mehr Josie darüber nachdenkt, desto mehr hin- und hergerissen fühlt sie sich und stellt fest, dass diese Entscheidung doch nicht so einfach ist.

In dieser Situation lernt sie die 70-jährige Kathi kennen, deren Mann nach gut 50 Jahren Ehe gerade gestorben ist. Und auch wenn sie recht unterschiedlich sind, schweißen sie die jeweiligen Lebenssituationen und die zu treffenden Entscheidungen zusammen und sie unterstützen sich gegenseitig.

Ich fand beide Figuren recht authentisch, eben wie Bekannte von nebenan, jedoch konnte ich mit beiden nicht richtig warm werden. Es blieb immer eine gewisse Distanz, obwohl ich beide nachvollziehbar fand. Für mein Befinden hat ihnen ein Ziel gefehlt, auf das sie aktiv hinarbeiten. Jede der beiden ist in eine Situation gestoßen worden, und sie verharren in diesen Situationen bzw. werden für mein Befinden nur aktiv, wenn die jeweils andere oder jemand anderes sie dazu bewegt. Das fand ich ein bisschen schade. Gerade von Josie als junger Frau in der heutigen Zeit hätte ich mir mehr Selbstbewusstsein und Stärke gewünscht. In allen Beziehungen scheinen die Herren eine dominante/bestimmende Rolle gespielt zu haben und das war ein bisschen mein Problem beim Lesen. Für meinen Geschmack sind die Figuren leider ein wenig in den tradierten Rollenmustern verhaftet. Bei mir ist außerdem die Frage aufgekommen, ob es auch noch funktionierende Beziehungen gibt?

Auch an Spannung hat es mir etwas gefehlt. Hier hätte ich mir mehr Konflikte und vor allem Konfrontationen gewünscht. Wirklich überraschende Wendungen gab es leider auch nicht. Das Thema ist für meinen Geschmack gut verarbeitet worden, jedoch hätte ich mir im Vergleich auch eine funktionierende Beziehung gewünscht (die natürlich auch ihre Höhen und Tiefen hat.)

Dafür hat mir aber der Schreibstil sehr gut gefallen. Es lässt sich locker und flüssig lesen. Die Beschreibungen der Settings haben die Geschichte lebendig werden lassen, so dass ich ein Bild vor meinem inneren Auge hatte. Auch die emotionale Ebene fand ich gelungen, authentisch und nachvollziehbar. Ganz besonders hat mir jedoch die Stimmung des Buches gefallen. Frau Kunrath hat es geschafft, zu jeder Situation die passende Atmosphäre entstehen zu lassen, so dass die jeweilige Stimmung auf mich überging. Am Anfang die Trauer und Verzweiflung, aber auch mal ein Lächeln in einem schönen Moment, z.B: Kathi in ihrem „neuen/alten“ Laden. (Mehr möchte ich nicht verraten, um nicht zu spoilern)

Von mir erhält dieses Buch eine Kaufempfehlung (4/5 Sternen), weil die Figuren sehr authentisch sind, weil mich die Schicksale der Frauen schon auch bewegt haben und weil ich den Schreibstil sehr lebendig fand, insbesondere die Stimmung die Frau Kunrath schafft. Für die Figuren hätte ich mir aber mehr Aktivität und vor allem mehr Stärke gewünscht. Und ich persönlich hätte es gut gefunden, wenn es auch eine funktionierende Beziehung in der Geschichte gegeben hätte. Aus diesen beiden Gründen ziehe ich ein Sternchen ab. Trotzdem ist dieses Buch wirklich lesenswert.

Vielen Dank an Barbara Kunrath für diese Geschichte.