Poetologische Einblicke – auf dieses Buch hab ich lange gewartet, ohne es zu wissen

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Das Cover, ein Ausschnitt aus einem Gemälde, zeigt die Innenansicht eines Zimmers: Neben einem Fenster hängen zwei Regenmäntel und ein Fernglas an der Wand, aus dem Fenster fällt der Blick auf das Meer, unter dunklen Regenwolken bricht die Sonne hindurch. Wahrscheinlich die Ost- oder die Nordsee, der Friesennerz deutet darauf hin, ebenso die Seesterne auf den Fenstersprossen. Das Stillleben passt meiner Meinung nach sehr gut zu Judith Hermanns Texten, es strahlt dieselbe ruhige, leicht melancholische und etwas rätselhafte Atmosphäre aus.

Ich bin ein großer Fan von Judith Hermann. Ihre Geschichten begleiten mich schon mein halbes Leben, seit 1998 ihr Debüt „Sommerhaus, später“ erschien. Es ist dieser spezielle Erzählton, der ihre Erzählungen in meinen Augen so besonders macht und der mir im Gedächtnis haften geblieben ist, auch wenn ich die (ohnehin dürftige) Handlung längst vergessen habe. Ich habe sie alle gelesen, auch die beiden Romane.

Nun also ein Buch, das verspricht, Einblicke zu geben in das Leben und Schreiben von Judith Hermann, in das bisher verborgene Leben der Person hinter den Geschichten und in den Schreibprozess selbst. Dem kann ich natürlich nicht widerstehen!
Und der Text scheint einzulösen, was der Klappentext verspricht, die Leseprobe beginnt vielversprechend: eine nächtliche Begegnung mit ihrem ehemaligen Psychoanalytiker, dem die Erzählerin zufällig in einem Späti begegnet und dem sie in eine schummrige Bar folgt, führt zur Erinnerung an eine weitere frühere Weggefährtin, Ada. Beide spielten eine entscheidende Rolle im Leben der Autorin, beide beeinflussten ihr Schreiben und fanden schließlich, in verschlüsselter Form, den Weg in ihre Geschichten.

Wenn man Judith Hermanns Erzählungen kennt, ist es unglaublich spannend, diesem verschlungenen Prozess zu folgen. Ich kann es nicht erwarten, weiterzulesen!