Eine gelungene Geschichte

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marieon Avatar

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“Jede Entscheidung für einen Satz ist eine Entscheidung gegen unzählige andere.” S. 19

Es sind diese Einsichten, die mich zutiefst befriedigen.

Mit schlafwandlerischer Sicherheit schreibt Judith Hermann, über ihre Unsicherheit, herausgefunden zu haben, wer sie ist. Sie nimmt uns mit auf eine Reise zu ihren Ursprüngen, findet heraus, was sie ausmacht. Sie spricht von ihrer Familie, den psychisch kranken Vater, der sie in ihrer Kindheit ängstigt, weil er einen perfiden Spaß daran hat. Wie sie seine Unberechenbarkeit erlebte und sich ständig um ihn sorgte. Ihre russischen Wurzeln beleuchtet sie, diesen Anteil, den ihre Großmutter an ihrer Entwicklung hatte.

Die Autorin schreibt ruhig, gefasst, zeigt, wie präzise sie ihr Gegenüber beobachten und beschreiben kann. Ich mag ihre einzigartige Schreibweise, wie sie einen Absatz mit einem Substantiv abschließt, das mich nachdenklich macht.

Sie geht sorgfältig mit sich um, wie sie an mehreren Stellen zeigt:

“Aufmachen heißt, das Etwas aus seinem Ungefähren holen, den Wolf ans Licht. Zu erklären, was genau das Etwas ist, hieße vermutlich, den Wolf abschießen. Darauf zu verzichten bringt den Wolf in Sicherheit. Lässt ihn am Leben.” S. 151

Stellenweise wird das was sie sagt zu einem abstrakten Gemälde, vor dem ich stehe, nicht so recht wissend, was die Künstlerin mir damit sagen mag, so diffus, dass mir nicht gelingt ihr konsequent zu folgen.

Fazit:

Dennoch eine stimmige Geschichte, die nachdenklich macht und sicher nicht die letzte, die ich von Judith Hermann lesen werde.