Kennen Sie Hilton?

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Auf die Frage „Kennen Sie Hilton“ werden wahrscheinlich viele nicken. Der Name „Hilton?“ ist als Name für eine Luxus-Hotelkette berühmt – und auch durch eine gewisse „Dame“, die vor allem durch ihr Partyleben Schlagzeilen macht. Doch kennen Sie „David E. Hilton“? Da werden wahrscheinlich die meisten eher mit den Schultern zucken. Dabei kann es durchaus interessant sein, den Autor kennen zu lernen. Ich habe durch Vorablesen sein Werk „Wir sind die Könige von Colorado“ bekommen. Ob die Begegnung mit diesem Hilton lohnt, dazu nun, wie üblich, Stück für Stück mehr.

 

 

Inhaltsverzeichnis:

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1. Der Autor: David E. Hilton

2. Ort und Zeit der Handlung

3. Hauptfiguren

\*\*\*a) William (Will) Shepard

\*\*\*b) Benny

\*\*\*c) Mickey

\*\*\*d) Coop

\*\*\*e) John Church

\*\*\*f) Silas Green

\*\*\*g) Frank Kroft

\*\*\*h) Miss Little

4. Die Geschichte

5. Themen

\*\*\*a) (Un-) Schuld

\*\*\*b) Freundschaft

\*\*\*c) Gewalt

6. Erzählweise

7. Zielgruppe

8. Daten zum Buch

9. Pro & Contra

10. Fazit

 

 

1. Der Autor: David E. Hilton

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Die Bekanntheit eines Autors lässt sich immer auch ein wenig daran ablesen, ob er bei Wikipedia vertreten ist. Vielleicht nimmt der Arche Verlag diesen Hinweis ja als Anregung, dort etwas über Hilton zu schreiben. Auf der deutschen Seite ist er nämlich (Stand Ende Februar 2011), noch nicht zu finden.

Aber immerhin hat David E. Hilton eine Homepage, auf der man etwas über den Autor von „Die Könige von Colorado“ erfahren kann. Dort findet man Bild und Biografie, die auch in der deutschsprachigen Ausgabe vertreten sind: Hilton (der nicht schlecht aussieht), wurde 1974 geboren. Als Kind hatte er chronisches Asthma. Um Heilung zu finden, zog seine Familie mit ihm nach West Texas. Als Pfadfinder war er oft im Big Bend Nationalpark unterwegs.

1998 machte er an der Howard Payne Universität einen Bachelor-Abschluss und begann Geschichten zu schreiben, die teilweise im Internet in schriftlicher Form oder als Podcast zu finden sind. Außerdem ist in der Horror-Geschichten Sammlung „Nights of Blood 2“ mit einem Text vertreten.

Hilton lebt in Austin (Texas) und hat zwei Söhne.

 

 

2. Ort und Zeit der Handlung

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Die Geschichte von „Die Könige von Colorado“ beginnt in der Gegenwart, in der US-Metropole Chicago. Doch dann kommt es zur Rückblende ins Jahr 1963, in die Jugend der Hauptfigur William (Will) Shepard. Und die spielt dann vor allem in einer Jugendstrafanstalt im US-Bundesstaat Colorado.

 

 

3. Hauptfiguren:

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\*\*\*a) William (Will) Shepard

Will ist DIE Hauptfigur von „Die Könige von Colorado“. Der Leser lernt Will zunächst als Erwachsenen kennen, einen Mann, der nicht mehr viel Hoffnung hat, weil er grade mit Anfang 60 von seinem Arbeitgeber entlassen wurde, seine Frau ist tot.

Dann kommt es zum Rückgriff. Will als Kind und Jugendlicher, der Angst vorm ständig prügelnden Vater hat. Er versucht die Mutter, die schon mit gebrochenen Arm am Boden liegt, vorm Vater zu schützen, verletzt ihn mit dem Messer. Will kommt in den Jugendknast, auf eine Ranch. Er ist dort weder einer der stärksten noch der schwächsten. Aber vielleicht macht das ihn grade zu einer sympathischen Figur, der ich gerne gefolgt bin.

 

\*\*\*b) Benny

Benny wird schnell der beste Freund von Will auf der Ranch. Er ist immer loyal. Genau das war auch der Grund, warum er überhaupt auf die Ranch gelangt ist. Benny hatte eine Prügelei, sein geistig zurück gebliebener Bruder hat ihn im letzten Moment gerettet – und den, Jungen, der Benny grade zusammenschlagen wollte, angegriffen. Benny übernahm die Verantwortung dafür, damit sein Bruder Todd nicht in die Anstalt gesteckt wurde.

 

\*\*\*c) Mickey

Der kleine Mickey ist ebenfalls einer der Jungen auf der Ranch der Jugendlichen Strafgefangenen. Er spielt den coolen, tut als brauche er keine Freunde. Doch in Wirklichkeit steht auch er zu Will, Benny und Coop und ist im großen und ganzen ein gerechter Junge.

 

\*\*\*d) Coop

Der vierte der Freunde gehört auf der Ranch schon zu der Gruppe, die die Pferde abrichten darf. Sein großes Ziel ist es, ein besonderes Wildpferd zu zähmen, Reaper. Doch als Benny in eine Schlägerei gerät, haut Coop dem Angreifer Silas auf den Kopf – und wird erschossen.

 

\*\*\*e) John Church

Er kommt nach Will auf die Ranch, ist groß, stark. Will sieht in ihm zunächst den großen Bruder, den er nie hatte. Doch John ist nicht so gut und gerecht, wie Will hofft und denkt.

 

\*\*\*f) Silas Green

Silas Green ist der Bösewicht auf der Ranch. Anders als Will und einige seiner Freunde ist Silas nicht zufällig durch einen einzelnen Zwischenfall auf die Ranch geraten. Er geriet schon früh auf die schiefe Bahn, hatte eine Jugendbande. Auch auf der Ranch verhält sich Silas skrupellos, greift an, schlägt andere Jungens scheinbar willkürlich zusammen – und scheint auch vor Mord keine Scheu zu haben.

 

\*\*\*g) Frank Kroft

Frank ist neben Silas der zweite große Bösewicht dieser Geschichte – und er ist der Oberaufseher auf der Ranch, was ihn doppelt gefährlich macht. Frank fackelt nicht, ist derjenige, der einen von Wills Freunden, Coopm einfach abknallt. Und mit der Zeit ahnt man: Frank missbraucht die Jungen, auf die er eigentlich aufpassen sollte.

 

\*\*\*h) Miss Little

Die (scheinbar) einzige Frau auf der Ranch ist eine sehr liebe dunkelhäutige Krankenschwester. Sie signalisiert Will früh, dass sie ihn mag. Und sie warnt ihn vor Silas und Frank.

Später vertraut Miss Little Will auch ihr Geheimnis an: Auch sie hatte zwei Jungen, die starben. Unter ihrem Tod leidet Miss Little immer noch – und versucht nun, ein wenig die Jungen auf der Ranch zu bemuttern und beschützen.

 

 

4. Die Geschichte

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Die Geschichte beginnt in der Gegenwart. William Sheppard hat grade seinen Job verloren. Auf der Straße sieht er einen Unfall. Ein Pferd ist schwer verletzt. Es stirbt in seinen Armen. Will selber ist allein. Er hat quasi keine echte Perspektive mehr, seine Frau ist schon verstorben, ohne Job scheint kein echter Halt mehr da zu sein.

Er erinnert sich an seine Kindheit. Wills Vater war ein Säufer und Schläger, der seine Wut nicht nur an Will sondern auch an Wills Mutter ausgelassen hat. Es war eine Qual für den Jungen, zu hören, wie die Mutter geschlagen, verletzt, vergewaltigt wurde. Eines Tages, als Wills Vater den Arm der Mutter brach, schnappte sich Will einen Gegenstand von seinem Schreibtisch. Es war ein Taschenmesser. Er stach damit auf den Vater ein. Der überlebte. Doch Will wurde verurteilt, musste auf eine Ranch für straffällige Jugendliche. Und die Mutter kehrte zum Vater zurück.

Auf der Ranch findet Will bald Freunde: Den ehrlichen Benny, den cool spielenden Mickey und den Pferde versessenen Coop. Gemeinsam spielen die Jungen allabendlich Karten und sorgen so für ein Stück Freude und Normalität in ihrem Alltag als Gefangene.

Auf der Ranch sind die Jungen für die Pflege und Zähmung von Wildpferden zuständig. Die Pferde werden eingefangen und sollen zu guten Reitpferden werden. Die Neulinge müssen zunächst in Schwerstarbeit die Ställe ausmisten. Auch Will und Benny haben diese Aufgabe. Einige Jungen mit Talent dürfen nach vielen Monaten auch mit den Pferden arbeiten. Coop gehört zu dieser Gruppe. Es sind harte Tage für Will und seine Freunde. Und die werden zusätzlich noch erschwert durch Silas Green, einen Jungen, der aus lauter Boshaftigkeit andere angreift. So stiehlt Silas das Foto von Wills Mutter und eine Blech-Dose, die Benny von seinem Bruder Todd geschenkt bekommen hat und die Benny sehr wichtig ist. Benny und Silas prügeln sich, Coop will Benny schützen, schlägt Silas mit einem Werkzeug auf den Hinterkopf ... und wird vom üblen Aufseher Frank Kroft erschossen.

Doch das bleibt nicht der einzige einschneidende Zwischenfall auf der Ranch ... Um die Spannung aufrecht zu halten, verrate ich an dieser Stelle nicht mehr.

 

 

5. Themen

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\*\*\*a) (Un-) Schuld

Mit normalem Menschenverstand ist es erstaunlich, wie unterschiedlich Schuld und Unschuld bei den Jungen verteilt ist. Ich würde von meinem normalen Menschenverstand her sagen, dass Jungen wie Will und Benny eigentlich unschuldig sind. Will hat seinen Vater aus dem Affekt angegriffen, um seine Mutter zu beschützen, um zu verhindern, dass der Vater die Mutter totschlägt. So etwas ist eigentlich eher Notwehr. Außerdem hat der Vater den Angriff überlebt – und wurde anscheinend nicht dafür bestraft, dass er Frau und Sohn ständig misshandelt hat.

Auch im Fall von Benny war es kein Mord. Zum einen hat Benny ja eigentlich den Jungen nicht selber angegriffen. Darüber hinaus war auch der Schlag gegen Bennys Angreifer eher Notwehr als eine geplante Tat gegen einen anderen Menschen.

Dagegen gibt es andere wie Silas Green oder John Church. Beide scheinen kaltblütig zu sein, beide sind bereit, wieder bewusst und mit voller Absicht andere zu verletzen oder zu töten.

Das System, Jungen mit unterschiedlich schwerwiegenden Taten gleich zu bestrafen und miteinander in eine „Anstalt“ zu stecken, erscheint mir falsch. Denn die Jungen, die eigentlich „gut“ sind, nehmen dadurch weiteren Schaden und werden zu Opfern für die Jungen, die schon vorher kriminell waren. Das ist auch im Sinne der Wiedereingliederung der Jugendlichen in die Gesellschaft schlecht. Denn wer in so einer Straf-Unterbringung vorwiegend mit deutlich kriminelleren Menschen zu tun hat, muss sich dort durchsetzen, um zu überleben – und lernt im schlimmsten Fall, dass dazu Gewalt das einzig hilfreiche Mittel ist.

 

\*\*\*b) Freundschaft

Freundschaft ist ein ganz wichtiges Thema in „Wir sind die Könige von Colorado“. Der Titel des Romans ist ein Symbol dafür. Beim Kartenspielen haben die vier Freunde Will, Benny, Mickey und Coop zufällig jeder einen der vier Könige – und kommen auf die Idee, sich miteinander selber als Könige von Colorado zu fühlen.

Ihre Freundschaft ist es, die ihnen trotz der harten Arbeit und trotz einiger Jungen wie Silas Green, die für Ärger sorgen und Prügel austeilen und trotz eines unsäglichen Oberaufsehers wie Frank Kroft, der seine Macht, seine Position und die Jungen missbraucht, Kraft gibt.

Schwierige Situationen schweißen zusammen – das ist eine Floskel, aber eine, die in diesem Fall sehr treffend ist. Wie wichtig die Freundschaft für Will war, zeigt sich fast 50 Jahre später, als er auf die gemeinsame Zeit zurück blickt und noch einmal die Freude, aber auch die tragischen Momente durchlebt, die er mit seinen Freunden geteilt hat. Auch die Freundschaft macht diese Geschichte zu einem berührenden Roman.

 

\*\*\*c) Gewalt

Gewalt ist der krasse Gegensatz zu Freundschaft, es ist aber leider etwas, was der Geschcihte immer wieder unerwartete Wendungen gibt. Wenn ein Junge in eine Jugend-Strafanstalt kommt– egal ob quasi in Notwehr wie bei Wills Angriff auf seinen die Mutter fast tot prügelnden Vater war oder echte Schandtaten wie bei Silas Green – dann ist Gewalt im Spiel. Und wenn viele Gewalttäter auf einem Fleck sind, muss man auch weitere Gewalt befürchten.

Da ist das Ritual auf der Ranch, dass der zweitneueste Insasse den neuesten Zugang verprügeln muss, fast noch harmlos. Schlimm ist das, was ein Silas Green macht. Er beraubt seine Mitinsassen wichtiger Erinnerungsstücke (bei Will ist es das Foto der Mutter, bei Benny die geliebte Blechdose des Bruders) quält sie dadurch und scheut auch nicht davor zurück, sie halb tot zu schlagen. Überhaupt ergötzt er sich, wenn die anderen Jungen körperlich oder auch seelisch leiden. In letzten Viertel der Geschichte, schaut man als Leser mit Sorge und mit Abscheu auf die Wendungen, die es aufgrund der Gewalt gibt ...

 

 

6. Erzählweise

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Der Roman ist aus der Ich-Erzähler-Perspektive geschildert, aus der Perspektive der Haupt-Hauptfigur Will Sheppard. Das ist ein gewisses Risiko. Denn wenn die Hauptfigur bei dieser Erzählweise schlecht wäre, würde sich der Leser schnell abwenden. Doch Will ist eine Figur, die mich als Leserin gepackt hat. Ich habe zwar keinen Draht zu Männern in seinem Alter – zu Männern mit 61. Und ich habe auch nicht direkt mit Jungens im Alter von 13 oder 14 zu tun. Dadurch, dass solche Berührungspunkte fehlen, ist es an sich schwieriger, sich mit dem Hauptdarsteller zu verbünden. Trotzdem wirkt Will einem durch diese Erzählperspektive nah. Vielleicht liegt es daran, dass er von Anfang an gerecht und gut wirkt: Er hilft dem Pferd (ich bin kein Pferdefan), er hilft seiner Mutter ... und er hilft später auch den Freunden.

Obwohl man an Will durch die Perspektive ganz besonders dicht dran ist, lernt man auch sein Umfeld kennen – und mögen.

 

 

7. Zielgruppe

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An sich gehöre ich zu den Leuten, die Krimis oder historische Romane bevorzugen. „Wir sind die Könige von Colorado“ ist weder das eine noch das andere. Trotzdem hat mich die Geschichte gepackt. Es ist daher auch nicht zwingend nur eine Geschichte für Männer über 60 oder für Jungens im Teenageralter (die sich dann vielleicht am ehesten mit dem ältern und dem jungen Will identifizieren können). Es ist ein Roman, der etwas ist, für Leute, die sich von einer guten Geschichte mitreißen lassen wollen.

 

 

8. Daten zum Buch

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Wir sind die Könige von Colorado [Gebundene Ausgabe]

David E. Hilton (Autor), Bettina Abarbanell (Übersetzer)

416 Seiten, Arche Verlag (28. Februar 2011)

ISBN-10: 3716026476, ISBN-13: 978-3716026472

Originaltitel: Kings of Colorado

 

 

9. Pro & Contra

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Pro:

- sehr gute Figuren

- packende Geschichte

- überraschende Wendungen

- berührt

 

Contra:

- etwas Schwarz-Weiß-Malerei

- ist irgendwann vorbei

 

 

10. Fazit

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David E. Hilton wird sich meiner Meinung nach mit dem oder trotz des berühmten Nachnamen(s) einen eigenen Namen machen. Denn „Wir sind die Könige von Colorado“ hat mich nicht nur überrascht, die Geschichte hat mich auch gepackt, berührt und begeistert.

Hilton schafft es, die Leser dicht dran zu führen, an die Hauptfiguren seiner Erzählung, sehr gute Figuren, die ich sehr gerne begleitet habe. Er betreibt dabei zwar ein wenig Schwarz-Weiß-Malerei: Der zentrale Charakter Will Sheppard und dessen Freunde erscheinen sehr positiv, andere wie Silas Green oder der Oberaufseher Frank Kroft wirken nur negativ. Doch das stört nicht wirklich. Denn Hilton sorgt für überraschende Wendungen. Am Anfang der Geschichte könnte man meinen, dass Will Sheppard vor einer trostlosen Zukunft steht – doch das ist ein Irrtum. Irgendwann ist die Geschichte vorbei – leider. Denn „Die Könige von Colortado“ ist ein sehr guter Roman, einer der mich wirklich begeistert hat und den ich mit der Bestwertung gerne weiter empfehle.