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wal.li Avatar

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Kommissar Sigi Kamm macht sich schweren Herzens auf den Weg zu dem Vater eines türkisch-stämmigen Abiturienten, dem er mitteilen muss, dass sein Sohn brutal zusammengeschlagen wurde und nun im Krankenhaus um sein Leben kämpft. Das ist eine der schwersten Aufgaben, die auf einen Polizisten zukommen können, den Angehörigen mitteilen zu müssen, dass ein lieber Mensch zu Schaden kam. Da ist Kamm fast schon froh, dass ihn die Psychologin Alicia Behrens begleitet, obwohl die beiden mal während einer Verhandlung heftig aneinander gerieten und seitdem beschlossen haben, dass sie sich nicht leiden können. Besteht eine Hoffnung den Fall zu lösen? Wenigstens gibt es einen Zeugen, der noch versucht hat, das Opfer zu retten. Möglicherweise hat die Tat einen rechtsradikalen Hintergrund, schließlich hatte das Opfer im Rahmen seiner Therapie eine Gruppe gegen Rassismus ins Leben gerufen.
Zunächst scheint alles klar zu sein in diesem ersten Fall des Teams Kamm/Behrens. Der Einblick in die rechte Szene Berlin/Potsdams lässt einen erschauern. Was braut sich da nur zusammen? Da sollte wirklich jedweder bunter Protest unterstützt werden. Doch wieso streiten die Nazis alles so vehement ab? Was sie zugeben müssen geben sie zu, wie es eben ist. Aber den Jungen will keiner angerührt haben, nicht einmal der Hauptverdächtige, der sich bereits einer ähnlichen Attacke schuldig gemacht hat. Immer tiefer werden Kamm und Behrens in den Mahlstrom der beteiligten Familien hineingezogen. Das Opfer war bei Alicia Behrens in Therapie, kann sie da überhaupt neutral bleiben. Auch den Vater des Opfers kennt sie aus diesem Grund. Doch auch die Tochter des Zeugen kennt das Opfer, sie ist Mitglied in der Gruppe gegen Rassismus und sie hat Angst. Ihre Mutter dagegen will doch noch mal versuchen ihre Ehe zu retten, nachdem ihr Mann nun diese Heldentat vollbracht hat, scheint er doch nicht so ein Loser zu sein. Jeder steht hier in Beziehung mit jedem. Unentschlossen ist man als Leser lange, ob und überhaupt wie man Sympathien verteilen möchte. An den Kommissar, der manchmal mit unnötiger Härte vorgeht. Die Psychologin die mit den Monstern ihrer Vergangenheit kämpft und damit auch nicht immer neutral ist, auch wenn sie sich das einreden mag. Das Opfer, dass zur Passivität verurteilt ist. Der Zeuge, der eine heroische Tat vollbracht zu haben scheint und der doch einiges an Widerwillen auslöst. Seine Frau, die stärker scheint als sie ist und die sich doch nicht von ihrem Mann lösen kann. Seine Schwiegermutter, die wenigstens ihre Enkelin zu lieben scheint und dafür einiges in Gang setzt, was sie sich vielleicht hätte überlegen sollen. Ich blieb sehr unschlüssig bis zum Schluss. Am ehesten noch konnte ich den Vater des Opfers verstehen, der schon seine Frau verlor und der nun auch noch den Sohn zu verlieren droht.
Ein Buch, das aufmerksam gelesen werden will, damit einem keine der offensichtlichen oder unterschwelligen Strömungen entgeht, das es dem Leser nicht leicht macht, hält es sich doch an eine Wirklichkeit, in der es kein Schwarz und Weiß gibt, sondern nur verschiedene Abstufungen von Grau. Ein schwer verdaulicher Fall, darüber wie Umstände und Halbwissen zu einer Katastrophe führen können, aus der sich der Täter mit einer Intelligenz zu retten versucht, die er nach der Darstellung seines Charakters eigentlich nicht haben dürfte.