Edelweißpiraten in Köln als Briefroman

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astrid b Avatar

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Ein ungewöhnliches, aber gutes Buch.
Ungewöhnlich insofern, als daß es als Briefroman erschienen ist.
Anfangs war ich skeptisch ob das funktioniert - aber - es geht und zwar gut.

Der gesamte Roman ist in Briefform festgehalten.
Die Hauptperson - Lene Meister, die jugendliche 16 Jahre alt ist und in Köln zur Zeit des zweiten Weltkrieges lebt.
Sie hat praktisch den Hauptanteil der Briefe, die sie verfaßt. An ihre Freundin Rosi, die momentan als Erntehelferin, weit weg arbeiten muß, an ihren großen Bruder Franz, der an der Front vor Stalingrad sitzt.
Aber sie empfängt auch Briefe, eben von Franz, Rosi, ihrem kleinen Bruder Kalli, der ein strammer Nazi ist, von Erich, einem Jungen den sie kennenlernt.

So berichtet Lene von den verehrenden Bombenangriffen über Köln, schreibt ihrer Freundin viel von Erich, in den sie sich langsam aber sicher verliebt.
Später werden die Briefe tiefergehender, als Lene feststellt, daß Erich sich einer Gruppe Jugendlicher angeschlossen hat, die sich der HJ und dem BDM widersetzen und damit nichts anfangen können.
Die sogenannten Edelweißpiraten, die ihre eigenen Ideen haben, ihre Freiheit möchte und sich nicht dem Zwang der Nazi Diktatur anschließen mögen.
Sie beschreibt ihrer Freundin, was sie unternehmen, wie sie beginnt an der Herrschaft der Nazis zu zweifeln, macht sich Gedanken, was mit den immer weniger werdenden Juden in ihrer Stadt passiert.

Natürlich ist es nicht ungefährlich, sich derart in Briefen auszulassen zu der Zeit, da auch die Post oft nicht unbemerkt bleibt und kontrolliert wird.
(Der Autor bekommt es aber gut hin, sich so auszudrücken, daß es zwar offensichtlich ist, daß sich Lene in gefährlichen Fahrwasser befindet, findet aber Möglichkeiten, daß Lene sich trotzdem mitteilen kann.

Auf der anderen Seite erhält Lene Post von ihrem Bruder Franz, der an der Front vor Stalingrad ist und über seine Gefühle und die Zustände dort berichtet.
Konträr dazu schreibt auch der kleine Bruder Kalli, der dem Nazisystem positiv gegenübersteht und alles versucht, sich anzudienen und aufzusteigen.
Der Schreibstil ist gut gewählt, trotz der Briefform ist das Buch sehr flüssig zu lesen.

Interessant finde ich besonders die unterschiedlichen Wahrnehmungen der damaligen Zeit, sei es seitens Kalli, Lene oder Franz.
Und natürlich die Beschreibung der Edelweißpiraten, die ich zwar kannte, mir aber nicht so offenbar waren, wie zum Beispiel die "Swing Jugend", die eher im norddeutschen Raum agierte.

In einem Nachwort wird auch noch einmal genauer auf die verschiedenen Gruppierungen eingegangen und inwiefern sie sich als Widerstandsgruppen darstellten.

Fazit
Ein interessanter Briefroman, der die Zeit der Edelweißpiraten im zweiten Weltkrieg und die Auswirkungen der Bombardierungen in Köln gut aus verschiedenen Sichtweisen darstellt.
Für Jugendliche gut geeignet, sich mit der Thematik auseinanderzusetzten, da es aus der Sicht von "Gleichaltrigen" geschrieben ist.