Eine kurze Begegnung, die alles verändert!

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mammamia Avatar

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Als ich „Wo du mich findest“ von Anne Barns zu lesen begann, hatte ich das Gefühl, dass ich diesen Stil irgendwoher kenne, weil er vertraut war und ich war dann mehr als überrascht, als sich herausstellte, dass Anne Barns das Pseudonym von Andrea Russo ist, von der ich bereits ein Buch mit wieder einem anderen Pseudonym gelesen habe. Interessant, dass man sich einfach bei gewissen Stilen so wohl fühlt, dass man sie einfach wieder erkennen kann.

„Wo du mich findest“ hat auch einen Wohlfühlfaktor. Der Roman beginnt fast mystisch. Sophie erholt sich von einem Todesfall in Rügen. Als sie sich in einem Kaffeehaus einen Kaffee zum Mitnehmen holt, stolpert ein Mann über die Leine ihres Hundes und es landet Kaffee auf seinem Hemd. Eine sehr flüchtige Begegnung, die alltäglich scheint. Aber dieser Mann schleicht sich dann plötzlich in Sophies Träume.

Die Geschichte klingt vorprogrammiert, aber sie hat mich dann doch damit überrascht, dass es nicht das klassich – klischeehafte Happy End gab. Aber von vorne beginnend: Sehr schnell erfährt man, dass Sophie innerhalb kürzester Zeit nicht nur ihren Vater, sondern auch ihre beste Freundin verloren hat. Ihre Arbeit als Übersetzerin von französischen Klassikern macht sie gerne, aber die Konzentration darauf fällt ihr sichtlich schwer. Gleichzeitig steht die Beziehung zu ihrem Ehemann offensichtlich vor dem Ende. In ihren Träumen begegnet ihr der Fremde und sie wünscht sich, die Frau aus diesen Träumen zu sein. Sie möchte dem daher auf dem Grund gehen, wie sich ein fremder Mann in ihre Träume schleichen kann. Wieder in Rügen beginnt die Suche. Aber nicht nur die Suche nach einem Fremden, sondern auch nach dem eigenen Selbst.

Besonders gut gefallen hat mir zu Beginn der gut erkennbare Unterschied zwischen der „realen Welt“ und der Traumsequenzen. Während man merkt, wie unwohl sich Sophie in ihrer realen Welt und ihrer momentanen Lebenssituation fühlt (sie kann nachts wenig schlafen, sie trauert, die Distanz zu ihrem Ehemnann Thomas macht ihr zu schaffen) bewegt sie sich in ihren Träumen ganz anders. Sie wirkt voller Leben, ist zum Scherzen aufgelegt und lässt ihren Gefühlen freien Lauf. Die Traumsequenzen verschwinden dann im Fortlauf der Geschichte, weil Sophie etwa in der Mitte der Handlung besagten Mann trifft. Aber auch hier hat die Autorin einen sehr schlauen Clou gefunden, dass die Geschichte noch immer den mystisch – angehauchten Touch behält, indem sie bei den Zusammentreffen von Sophie und ihrem „Traum“mann in den Konjunktiv II als stilistisches Mittel rutscht. Eine Zeitform, die nur mehr wenig in der erzählenden Literatur vorkommt, aber gerade deswegen etwas Zauberhaftes hat und in diesem Kontext in diesem Buch einfach perfekt passte.

Gleichzeitig merkt man als Leser*in aber auch, dass der Traum immer mehr in Sophies Realität rutscht und es dann doch anders daherkommt, als sie (und vielleicht auch der/die Leser*in) es sich wünscht. Und trotzdem ist es gut, so wie es ist. Sophie hadert am Ende nicht, sondern verwirklicht ihren Lebenstraum und auch ich als Leserin konnte mich, wie bereits erwähnt, gut mit dem Ende anfreunden.

Alles in Allem ein schönes Leseerlebnis, dass gerne noch länger sein hätte dürfen, um an manchen Stellen noch tiefer einzutauchen.

Der Sommer kommt, das Cover passt und lädt daher ein, eine angenehme Sommerlektüre zu werden (nicht nur für diejenigen, die ihren Sommer an der Ostseeküste Deutschlands verbringen).