Familientreffen mit viel Anlauf und wenig Tiefe
Mit ihrem Roman „Wo wir uns treffen“ reiht sich Anna Hope ein in die lange Tradition britischer Familienromane, die sich rund um ein geerbtes Anwesen, ungelöste Konflikte und das Erbe vergangener Generationen drehen. Leider bleibt ihr Werk dabei nicht viel mehr als ein müder Aufguss literarischer Muster, die man in ähnlicher Form – und zwar oft pointierter, eindringlicher, und fast immer überzeugender – schon unzählige Male gelesen hat. Die Grundkonstellation – drei erwachsene Geschwister, die nach dem Tod des dominanten Vaters auf das elterliche Anwesen zurückkehren – wirkt von Beginn an klischeehaft und wenig originell. Die Idee, das Erbe eines alten Hauses als Bühne für familiäre Auseinandersetzungen zu nutzen, hat sich längst in zahllosen Romanen, vor allem blutleeren englischen Krimis, und Fernsehproduktionen abgenutzt. Was als psychologisch dichte Auseinandersetzung mit Herkunft, Verantwortung und persönlicher Verstrickung gedacht ist, bleibt hier ein uninspirierter Trockenlauf. Hope bemüht sich sichtlich um Vielschichtigkeit: Frannie als pragmatische Erbin, Milo als unsteter Gegenspieler, Isa als stille Leidende – doch diese Figuren entfalten keinerlei emotionale Sogkraft. Sie wirken konstruiert, ihre Handlungen vorhersehbar, ihre Konflikte wie aus dem dramaturgischen Baukasten entnommen. Besonders problematisch ist, dass die Dialoge oft hölzern, bisweilen sogar unfreiwillig komisch daherkommen. Es sind Sätze, die niemand so sagen würde – sie wirken geschrieben, nicht gesprochen. Manches liest sich gar wie aus einem Groschenroman entnommen: pathetisch, überladen und auf plumpe Wirkung bedacht. Statt zwischen den Zeilen zu wirken, legt Hope jede Andeutung sofort offen. Die Konflikte – etwa die gegensätzlichen Pläne für das Anwesen oder das Aufeinandertreffen mit der Tochter der Geliebten – wirken, als hätte man ihnen im Entstehungsprozess die Tiefe abgeschnitten. Es wird zwar viel aufgeladen, aber nichts wirklich eingelöst. Kein Streit eskaliert, kein Gespräch berührt wirklich, kein innerer Konflikt führt zu einer spürbaren Entwicklung. Alles bleibt an der Oberfläche, behelfsmäßig komponiert und seelenlos. Selbst das vermeintliche Herzstück des Romans, die koloniale Vergangenheit der Familie, wird nicht wirklich durchdrungen. Statt mutiger Auseinandersetzung gibt es Andeutungen und moralisches Schulterzucken – zu wenig, um dem Roman die historische Wucht zu verleihen, die er suggerieren möchte. Was eine schmerzhafte Familienaufarbeitung hätte werden können, bleibt eine dramaturgische Randnotiz.
Auch stilistisch kann „Wo wir uns treffen“ kaum überzeugen. Die Sprache ist zwar handwerklich sauber, aber auffallend nüchtern. Wo Atmosphäre hätte entstehen können, dominiert Beschreibungsroutine. Wo Emotionen nötig wären, herrscht eine kühle Distanz. Die Struktur des Romans ist klar erkennbar, fast lehrbuchhaft – doch gerade das nimmt ihm jede Spontaneität, jede erzählerische Unmittelbarkeit.
So bleibt am Ende ein Roman, der mehr verspricht, als er einlöst. „Wo wir uns treffen“ ist weder ein einfühlsames Porträt familiärer Beziehungen noch eine kraftvolle Auseinandersetzung mit historischem Erbe. Es ist ein Buch, das höflich an der Tür des dramatischen Potenzials klopft – und nie wirklich eintritt. Wer nach literarischer Tiefe, psychologischer Glaubwürdigkeit und sprachlicher Eigenständigkeit sucht, wird hier enttäuscht zurückgelassen. Ein Familienroman von der Stange – wohlmeinend, aber farblos. Ich bin der Meinung, man hätte sich die Übersetzung wirklich sparen können.
Auch stilistisch kann „Wo wir uns treffen“ kaum überzeugen. Die Sprache ist zwar handwerklich sauber, aber auffallend nüchtern. Wo Atmosphäre hätte entstehen können, dominiert Beschreibungsroutine. Wo Emotionen nötig wären, herrscht eine kühle Distanz. Die Struktur des Romans ist klar erkennbar, fast lehrbuchhaft – doch gerade das nimmt ihm jede Spontaneität, jede erzählerische Unmittelbarkeit.
So bleibt am Ende ein Roman, der mehr verspricht, als er einlöst. „Wo wir uns treffen“ ist weder ein einfühlsames Porträt familiärer Beziehungen noch eine kraftvolle Auseinandersetzung mit historischem Erbe. Es ist ein Buch, das höflich an der Tür des dramatischen Potenzials klopft – und nie wirklich eintritt. Wer nach literarischer Tiefe, psychologischer Glaubwürdigkeit und sprachlicher Eigenständigkeit sucht, wird hier enttäuscht zurückgelassen. Ein Familienroman von der Stange – wohlmeinend, aber farblos. Ich bin der Meinung, man hätte sich die Übersetzung wirklich sparen können.