Düster und spannend

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Die Geschichte spielt in den Bergen und wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Die Siedlung Jakobsleiter liegt weit abseits oben auf dem Berg, die Bewohner haben sich das Leben ohne moderne Technik ausgesucht – sie haben keinen Strom und kein fließendes Wasser und halten sich auch von Almenen fern, der nächsten größeren Siedlung. Nur Jesse und Rebecca dürfen dort in die Schule gehen – dort gelten sie aber als Außenseiter, werden verhöhnt und getriezt. Bis eines Tages Rebecca verschwindet – Jesse kann nicht glauben, dass sie das Dorf und vor allem ihn einfach so verlassen hat – und sucht sie trotz aller Widerstände. Auf was er dann aber stößt, wirft sein ganzes Leben durcheinander.
Von Anfang an ist die Stimmung im Buch unheilvoll und düster, trotzdem braucht es dann lange, bis Fahrt in die Geschichte kommt Die Autorin hat die Lebensumstände sehr gut beschrieben, sowohl in Jakobsleiter, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint und man eher das Gefühl hat, noch im Mittelalter zu sein, als auch in Almenen. Der Kontrast zwischen diesen beiden Welten insbesondere auf Technik, Medizin und Bildung bezogen, war schon extrem. Und irgendwie habe ich das in meinem Kopf auch nicht sortiert bekommen. So unheilvoll und zum Zerreißen die Atmosphäre in der ersten Hälfte war, ist dennoch nicht viel passiert, dafür aber hat man als Leser ein sehr gutes Bild von den Menschen und den Umständen bekommen. Erst in der zweiten Hälfte wird es dann spannender, und diese Spannung steigert sich dann auch immer weiter bis zum Schluss, wo es doch einige Überraschungen gibt, aber alles aufgeklärt wird und die Geschichte rückblickend dann auch in sich schlüssig ist.
Die Figuren hat die Autorin sehr gut gezeichnet. Und da die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, hat man auch viele Innenansichten. Jesse und Rebecca wachsen beide in Jakobsleiter auf – während Jesse sein Leben in diesen anderen und besonderen Umständen gar nicht in Frage stellt, wünscht sich Rebecca ein modernes Leben. Jesse ist ein ruhiger Mensch, der sehr verantwortungsvoll handelt und der im Laufe der Geschichte einige Wahrheiten erfährt, die ihn verzweifeln, aber auch wachsen lassen. Auch die kleine Edith wächst in Jakobsleiter unter der strengen Hand ihres Vaters auf, der weder ein Mann vieler Worte ist noch etwas von einem Leben in der Stadt hält – und so geht die 9-jährige Edith nicht zur Schule, sondern streunert den ganzen Tag durch den Wald, beobachtet die Tiere und hält sich an die vielen Regeln ihres Vaters.
Smillas Sicht ist dagegen eine ganz andere – sie hat vor zehn Jahren ihre beste Freundin verloren, bei einem Ausflug ist sie plötzlich verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Eine Leiche wurde nie gefunden, Smilla lässt daher das Verschwinden nicht los und macht sich selber auf die Suche. Sie ist eine beharrliche junge Frau, die sich zwar oft selber im Wege steht, die aber auch nicht aufgibt, egal, was die anderen von ihr denken.
Jede Figur hat nicht nur eigene Kapitel, sondern auch eine ganz eigene Sprache, und selbst wenn nicht über dem Kapitel stünde, aus wessen Sicht gerade geschrieben ist, würde man es am Schreibstil erkennen können. Das hat mir sehr gut gefallen. Gemeinsam ist aber allen, dass immer die Stimmung und Atmosphäre sehr gut erfasst werden – im Grundton düster und bedrohlich, in der zweiten Hälfte kommt dann aber eine sich steigernde Spannung hinzu.
Je weiter ich beim Lesen vorangekommen bin, desto fesselnder wurde die Geschichte. Anfangs habe ich mit dem Plot dieses in der Zeit zurückgebliebenen Dorfes doch sehr gehadert, weil ich das völlig unrealistisch und überhaupt nicht glaubhaft fand, im Laufe des Buches klärt sich das aber auf. Daher gebe ich insgesamt 4,5 von 5 Sternen.