Wurde der Erwartung nicht gerecht

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„Wir alle müssen allein über die Brücke gehen, die dünn ist wie ein Haar und scharf wie eine Messerschneide.“ (aus „Worauf wir hoffen“ von Fatima Farheen Mirza)

Als einziger Sohn einer muslimischen Familie trägt Amar eine große Verantwortung mit sich. Doch was ist, wenn er seinen eigenen Weg einschlagen will? Schon als Junge beginnt er, gegen seine streng gläubigen Eltern zu rebellieren, stets gedeckt von seiner älteren Schwester Hadia. Sie und die jüngere Huda stehen, obwohl sie die größeren Geschwister sind, im Schatten des kleinen Bruders, bis dieser sich von seiner Familie lossagt und Hadia nach und nach seinen Platz einnimmt. Sie heiratet einen Mann ihrer Wahl, untypisch für die Traditionen ihres Glaubens, und weist der Familie damit einen Weg in die Moderne. Doch dann kehrt Amar nach vielen Jahren zurück und man fragt sich: Was nun? Wird er sich in die neue Familienordnung einfügen oder seinen Platz zurückfordern?

Ich muss zunächst mal anmerken, dass ich etwas länger gebraucht habe, um mich zum Lesen zu überreden. Zwar mochte ich die Leserobe, die ich zuvor gelesen habe, allerdings hat das Thema in letzter Zeit einfach nicht zu meiner Stimmung gepasst, zudem die Seitenzahl und der Schreibstil es nicht zulassen, zwischen Tür und Angel zu lesen.

Durch die etwas unpersönliche Erzählweise, aus der Sicht auf die jeweiligen Personen statt aus deren Ich-Perspektive hat mir leider etwas das Gefühl der Geschichte gefehlt. Man erfährt sowohl über Hadia, Amar und die Mutter Laila genaueres, zum Ende hin kommt dann ein letzter Teil, der aus der persönlichen Sicht des Vaters geschrieben wurde, mein Highlight des Buches. Ich denke, wenn der Rest ebenso verfasst wäre, hätte ich mich sehr viel besser in das Geschehen einfühlen können, doch so blieben wie gesagt die Emotionen etwas auf der Strecke.

Der Schreibstil ist etwas anspruchsvoller als ich es von meiner ewigen New-Adult-Leserei gewohnt bin, darauf musste ich mich erst einmal einlassen und es hat gedauert, bis ich im richtigen Lesefluss war. Aber die Sprache ist jetzt auch nicht übertrieben schwierig, es ist nicht so, dass die Sätze extrem verworren oder kompliziert sind, nur verglichen mit meinen sonstigen Lesegewohnheiten musste ich mich schon mehr konzentrieren und habe mich ab und an dabei ertappt, wie ich mehr über die Absätze geflogen bin, anstatt sie aufmerksam zu lesen.

Abgesehen davon, dass ich leider keine richtige Beziehung zu den Charakteren aufbauen konnte, ist mir auch die Reihenfolge der Erzählung negativ aufgefallen. Das Buch beginnt bei Hadias Hochzeit und Amars Wiederkehr und dann wird die Vergangenheit angefangen bei der Kindheit der drei Geschwister aufgerollt. Leider geschieht das nicht immer chronologisch, sondern es gibt auch während dieses Rückblicks immer wieder Sprünge im Geschehen, sodass ich ab und zu überlegen musste, wo das nun gerade einzuordnen ist. Das war für mein Empfinden etwas anstrengend und ich denke, man hätte auch alles der Reihe nach abarbeiten können.

Einzig bei der Erzählung vom Vater der Familie am Ende stört mich nicht, dass alles noch mal durchgekaut wird, denn seine Sicht auf die Dinge zu lesen hat an vielen Stellen noch mal Licht ins Dunkel gebracht und mich sehr berührt. Rätselte man vorher noch über seine Gedanken und Beweggründe, so wurde man später aufgeklärt und auch teilweise überrascht von ihm, wie ich finde.

Mein Fazit:
Leider konnte mich das Buch nicht so berühren und abholen, wie ich es mir erhofft hatte. Aber dennoch mochte ich die Grundidee, selbst wenn ich einige Kritikpunkte an der Umsetzung hatte. Vielleicht ist es auch nicht mein Genre, das mag ebenfalls sein, aber diejenigen, die eine Familiengeschichte der etwas anderen Art suchen, sind hier genau richtig.