Als wäre alles möglich...

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Die englischen Erzählerin Guinevere Glasfurd bediente sich bei ihren Themenwahl zur ihrem historischen Romandebüt einer wahren Tatsache, nämlich einer Liebelei zwischen dem französischen Philosophen René Descartes und der Magd Helena Jans van der Storm, aus der die gemeinsame Tochter Francine hervor ging.

Descartes und Helena lernen sich bei einem Buchhändler in Amsterdam kennen - er sucht Unterschlupf, um seinen brisanten naturwissenschaftlichen Forschungen nach zu gehen und sie ist die Magd des Hauses, bereitet das Essen, lehrt Nachttöpfe und macht die Betten. Helena ist jedoch keine gewöhnliche Frau, sie kann lesen und schreiben, ist nahezu besessen vom Vorhaben ihre Fähigkeiten zu stabilisieren – und das in Zeiten, in denen eigentlich nur Männern Bildung und Wissen offen steht. Aus Ermangelung an Papier, schreibt sie einzelne Wörter in ihre Hand, später dann auch auf den ganzen Körper. Descartes fühlt sich von ihr angezogen und auch Helena kann seiner geheimnisvollen und gelehrten Aura nicht widerstehen, so sinniert sie: „[...] Mir gefiel, was er in mir auslöste, als wäre alles möglich.“ Diese Beziehung bleibt nicht ohne Folgen, als Helena schwanger wird.

Diese Roman ist für mich ein klassischer Schmöker. Ich habe mich darin völlig verloren. Es ist sehr spannend, etwas über diese Zeit um 1640 zu erfahren. Wie sahen mögliche Lebensmodelle für Frauen aus niederen Ständen aus? Wie verhielten sich Männer zu Frauen und umgekehrt? Woran forschte Descartes? Wie arbeitete er? Was machte seine Persönlichkeit aus? All das hat mich beim Lesen beschäftigt und zum Nachdenken angeregt.

Glasfurd ist eine tiefsinnige und poetische Autorin, ihre Sprache ist direkt und unkompliziert, nie zu viel oder zu wenig. Mit der Figur der Helena schuf sie eine reflektierte und mutige Romanfigur, die für mich zur Heldin in ihrem komplizierten und dennoch guten Leben wird. Es entsteht der Eindruck, dass Standesschranken und unterschiedliche Konfessionen überwunden werden können und man staunt darüber bis zur letzten Seite.

Am Ende blieb ich recht überwältigt zurück, mir fiel es schwer Helena gehen zu lassen, wieder zurück zu kommen ins Hier und Jetzt. „Worte in meiner Hand“ ist ein absolut lesenswerter und niveauvoller Roman mit Sogwirkung.