Sprachgewaltig und fesselnd

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januar12 Avatar

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"Ein Buch - es kann, es muss in Erstaunen versetzen." S. 130

1634, Amsterdam. Die junge Magd Helena arbeitet und lebt im Haus des Buchhändlers Thomas Sergeants. Dieser beherbergt öfters Gäste. Diesmal ist es René Descartes und sein Diener Limousin. Anfangs bekommt Helena wenig mit von dem berühmten Gast, arbeitet er doch anscheinend Tag und Nacht in seinem Zimmer an einem Buch. Doch als er ihr nach einer Feier im Haus zu Hilfe kommt, entwickeln sich Gespräche und eine Beziehung. Eine Beziehung, die sie verheimlichen müssen.

"Ein Baum war vielleicht mit der Erde verwurzelt, aber kam nicht der Wind, der hindurchwehte, und die Vögel, die darin nisteten, von weit her ? Ich würde nie nach Frankreich kommen oder an Orte, die er erwähnte. Aber ich hatte Augen und Ohren - ich hatte Landkarten gesehen und Mr. Sergeants Titelblätter gelesen. Nach und nach konnte ich diese Orte zu mir holen." S. 119


Die Autorin Guinevere Glasfurd hat mich vor allem durch solche Sätze bezaubert. Sie schildert die historisch belegte Beziehung zwischen der Magd Helena Jans van der Strom und René Descartes. Sie lässt Helena erzählen, aus ihren Augen, ihrer Sicht, erleben wir als Leser ihre Gedanken, ihre Gefühle. Diese sind zwar aus der literarischen Feder der Autorin, doch sie hat sie an dem belegten Begebenheiten und dem historischen Kontext angelehnt.

Mich hat das Buch bezaubert, berührt und ich konnte es kaum aus der Hand legen. Man fühlte sich zurück versetzt in das 17. Jahrhundert und konnte sich die Protagonisten und das Umfeld sehr gut vorstellen. Es ist eine Zeit, in der es nicht üblich war, dass Mädchen/Frauen lesen und schreiben konnten. Eine Zeit, in der man in der Rolle, in die man hineingeboren war, meist blieb. Beziehungen, die getrennt durch Religion, Stand und Ansehen waren, durfte und konnte es nicht geben. Dennoch gab es sie. Heimlich, versteckt. Doch was bedeutet diese Heimlichkeit für eine Beziehung ? Guinevere Glasfurd hat dies sehr bewegend geschildert.

Es ist ein auf und ab an Gefühlen, die die Autorin hier durch Helenas Leben dargestellt, vermittelt. Ein Leben, dass ganz anders verlief als heutzutage.
Der berühmte Philosoph, Mathematiker und Naturwisschenschaftler Descartes spielt zwar eine wichtige Rolle in diesem Buch, ist dennoch nicht die Hauptfigur. Es geht nur am Rande um seine Entdeckungen und Schriften, es geht hauptsächlich um die Beziehung der beiden und ihr Leben.
Übrigens empfehle ich jedem künftigen Leser erst hinterher zu googeln!

"Obwohl er tief blicken konnte, hatte er nicht weit geblickt". S. 219

Ich könnte noch etliche solcher schönen Sätze zitieren, die deutlich machen, dass es sich hier zwar um eine historische Liebesgeschichte handelt, aber diese dennoch sehr sprachgewaltig ist und auf keinem Fall seicht ist.

Fazit:
Sprachgewaltig, fesselnd, bewegend.
Für mich war dieses Buch eine wahres Highlight !