Worte in meiner Hand

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canyouseeme Avatar

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Amsterdam, 1640er Jahre. Helena Jans van der Strom arbeitet als Magd bei einem Buchhändler. Ein großes Glück für sie, denn sie kann lesen und schreiben und geht mit offenen Augen durch die Welt. Der neue Hausgast ihres Herrn fasziniert sie: Er arbeitet ununterbrochen, und Helena ist angewiesen, ihn „Monsieur“ zu nennen. Der Fremde zieht viele Besucher an, und sie erfährt seinen echten Namen: René Descartes. Sie ist zu neugierig, um Distanz zu wahren. Und auch Descartes ist schon bald von ihrem Charme und Wissensdurst eingenommen. Sie verlieben sich, was unmöglich ist: Sie ist Calvinistin, er Katholik. Sie ist nur eine einfache Magd, er Europas aufstrebender Philosoph. Die beiden sind zwei kühne, mitreißende Geister, die sich von dem Standesdünkel des Goldenen Zeitalters in Holland nicht aufhalten lassen.

Bei diesem Buch hat mich das Cover sofort angesprochen, es wirkt durch das dunkle Blau und die junge Frau, die schüchtern in Richtung des Lesers blickt, beruhigend.
René Descartes war mir bereits ein Begriff, ich konnte ihn einer Epoche und diversen Gedankengängen zuordnen, habe mich aber dennoch nie näher mit ihm beschäftigt. Umso begeisterter war ich, als mir dieses Buch in die Hände fiel, denn das Buch beruht auf wahren Begebenheiten. Dadurch ist die Geschichte natürlich noch spannender und ich habe mich bei jeder Seite gefragt, was historisch belegt ist und was der Fantasie der Autorin entsprungen ist. (Hierzu gibt es zum Ende des Buches auch noch eine Anmerkung der Autorin.)
Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen, die Worte reihen sich perfekt aneinander und enden nicht selten in prosaischen Sätzen wie: „Hexagonal - was für ein Wort. Wenn es Geschmack hätte, würde es nach Kirschen schmecken." (Seite 159). Die Autorin hat nicht nur eine besondere Sprach in das Buch fließen lassen, sie hat es auch geschafft, die Gefühle und Emotionen der Charaktere lebendig wirken zu lassen. Es ist so, als würde man als Leser mittendrin sein im Geschehen, neben Helena und dem Monsieur stehen und jede Mimik mit ansehen können.
Was mir gut gefallen hat, waren die unterschiedlichen Sprachen, und dass Schlüsselbegriffe oder gar Sätze in der jeweiligen Originalsprache gelassen wurden. So wurde das Geschriebene noch authentischer. Dies kann vielleicht für den ein oder anderen verwirrend sein, vor allem, wenn man weder Französisch, noch Holländisch versteht. Ich hatte hiermit allerdings keine Probleme.
Die dargestellte Liebesbeziehung zwischen den beiden ist nicht auf den ersten Blick sichtbar, es ist unverkennbar, dass sie sich zueinander hingezogen fühlen, doch weder in der Öffentlichkeit noch vor anderen Bediensteten stehen sie zueinander. Ein ‚Ich liebe dich‘ wird hier vergebens gesucht. Dennoch wird die Nähe der beiden durch ihre Worte, Briefe und Taten kenntlich, es ist eine Liebe der besonderen Art.
Die Charaktere sind allesamt sehr tiefgründig und lebensnah gezeichnet, sie erwecken sofort Sympathien. Auch die Nebencharaktere sind sehr tiefgreifend dargestellt, weswegen auch sie zu einem wichtigen Bestandteil des Buches werden. Leider verlieren sich diese im Laufe der Handlung und tauchen nicht wieder auf, so dass der Leser nicht weiß, wie es mit ihnen weiter geht.
Generell hätte ich mir für dieses phantastische Buch ein anderes Ende gewünscht, ein ausführlicheres, mit mehr Erklärungen vielleicht.
Insgesamt hat mir dieses Buch jedoch sehr gut gefallen, die Sprache ist bezaubernd und lässt den Leser nicht mehr locker. Einzig das Ende ist ein kleiner Kritikpunkt, der jedoch zu verschmerzen ist.