Grandioser Gedanke, aber leider nicht gut umgesetzt

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shelly Avatar

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Ciani-Sophia Hoeders "Wut und Böse" ist ein feministisches Sachbuch mit, wie ich finde, sehr wichtigen Beobachtungen und Erkenntnissen: Eine gesellschaftlich anerkannte Wut ist eine männliche. Sie erklärt daran, warum Frauen deshalb für wütendes Verhalten sanktioniert werden und wie diese Entwicklung historisch gewachsen ist.

Allerdings sind diese Gedanken nicht systematisch entwickelt worden. Ihre Gedanken kommen sehr lose und sprunghaft daher, sodass mir kein Lesefluss gelang. Auch hätte ich mir mehr analytische Tiefe gewünscht. Irritiert hat mich auch das Kapitel, in dem sie ein Gespräch zwischen Frauen aus drei Generationen über Wut abgedruckt hat. Das ist zwar eine nette Idee, dieses Kapitel stand aber leider sehr losgelöst und unaussagekräftig daher.

Am Ende kommt sie dem Plädoyer, dass wir mehr "Selbstwert" brauchen, damit Frauen Wut zulassen und zeigen können. Das enttäuschte mich etwas, sollte doch eine feministische Bewegung auf eine Kollektivierung abzielen und nicht die Einzelnen verantwortlich machen.

Fazit: Kluger Grundgedanke und ein einführendes Werk zur gesellschaftlichen Sozialisation und gesellschaftlichen Vorstellungen von Frauen - aber eher für Menschen, die noch nicht oder wenig in feministische Themen vertraut sind. Wer einen roten Faden, eine zusammenhänges "rundes Ganzes" und angenehmen Lesefluss sucht, wird hier meiner Meinung jedoch nicht fündig.