Wut ist wichtig. Wut tut gut.

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april1985 Avatar

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Ich bin es hin und wieder - so richtig wütend. Für mich ist Wut ein Ausdruck meiner Gefühle und in gewisser Weise auch ein Befreiungsakt. Manchmal ist meine Wut auch irrational, manchmal versteife ich mich durch meine Wut auch zu sehr auf ein Thema. Meistens fühle ich mich hinterher aber besser, frei nach dem Motto "Wut tut gut". Doch was macht unsere Gesellschaft mit wütenden Frauen? Diesem Thema geht die freie Journalistin und Gründerin des "RosaMag" auf den Grund.

Zunächst einmal: Ich fand das Buch gut und inhaltlich recht interessant aufbereitet. Ciani-Sophia Hoeder geht sehr wissenschaftlich an das Thema "Wut" heran. Sie erklärt zunächst die Bedeutung von Wut. Wut ist eine (häufig heftige) Reaktion auf ein Gefühl und wird oft mit Traurigkeit verwechselt. Wie oft habe ich mir selbst schon die Frage gestellt ob ich wütend oder traurig sein soll. Ich finde die Abgrenzung gar nicht so einfach. Ciani-Sophia Hoeder beleuchtet das gesamte Spektrum von Wut anhand ihrer Ethymologie und Soziologie, deren Ausprägung in Politik und Popkultur, aber auch anhand persönlicher Erfahrungen.
Während wütende Frauen als Zicken, Feldwebel oder hysterisch abgestempelt werden, gilt Wut in männlichen Kreisen als Stärke und Durchsetzungsfähigkeit. Dieses geschlechterspezifische Bild von Wut wird vielen schon in der Wiege eingeimpft. Wütende Frauen gelten als unschicklich, es gehöre sich nicht. Oder wie oft musste ich mir schon anhören, das Leben ist zu kurz um sich zu ärgern und wütend zu sein.

Wie gesagt, Ciani-Sophia Hoeder fühlt der weiblichen Wut auf den Zahn. Sie zeigt auf welch starkes Instrument Wut sein kann und wie man durch sie Veränderungen herbeiführen kann. Dabei bringt sie wichtige Themen wie sexuelle Belästigung, Diskriminierung und Rassissmus auf den Tisch.
Am besten hat mir das Generationengespräch am Ende des Buches gefallen. Hier habe ich mich am meisten wiedergefunden und es war interessant wie unterschiedlich Wut in jeder Generation wahrgenommen, akzeptiert und ausgelebt wird.

Mir hat Wut und Böse von der Thematik her sehr gut gefallen. Allerdings hatte ich einige Schwierigkeiten mit der Aufbereitung. Das fing schon beim gendern an. Ja, gendern ist nicht unwichtig - gerade bei so einem feministischen Buch wie Wut und Böse. Allerdings fand ich das ständige gendern zum Hören suboptimal und ich habe mich eher daran gestört. Für mich hat es sich wie eine Straße mit vielen Schlaglöchern angefühlt.

Zudem habe ich leider ziemlich oft den roten Faden verloren. Zu schnell springt die Autorin von einem Thema zum nächsten, ohne erkennbare Überleitungen. Ich musste das Hörbuch mehrmals zurückspulen, um den Gedankengängen noch folgen zu können.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich Wut und Böse als Hörbuch gehört habe und sich meine Kritik vorallem darauf bezieht. Hätte ich es gelesen, hätte ich die beiden angesprochenen Punkte wahrscheinlich anders wahrgenommen.

Nichts desto trotz gab es noch einen Punkt, der mir tatsächlich zu aufdringlich war: Der erhobene Zeigefinger gegen das Patriarchat und weißen Cis-Männern, die scheinbar die gesamte Schuld am System tragen. Hier hätte ich mir eine tiefgreifendere Analyse gewünscht.

Für mich war Wut und Böse eine interessante Erfahrung, die mir einige neue Erkenntnisse gebracht hat und auf jeden Fall zum Nachdenken anregt.

Fazit:

Wut ist wichtig, Wut tut gut!

Ciani-Sophia Hoeder schreibt über weibliche Wut als ausdrucksstarkes Instrument und warum es wichtig ist Wut zuzulassen. Sie geht sehr wissenschaftlich an das Thema heran, spricht aber auch über persönliche Erfahrungen und sie setzt Wut in Kontext mit sexueller Belästigung, Diskriminierung und Rassissmus.

Leider war mit der Aufbau etwas zu wirr, sodass ich beim Hören wiederholt den roten Faden verloren habe. Ich kann das Buch aber trotzdem all jenen empfehlen, die sich mit dem Thema "Frauen und Wut" auseinandersetzen möchten, würde allerdings eher zur Printausgabe greifen.