Starkes, rührendes und interessantes Buch!

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Mein erster Eindruck von Wut und Liebe ist ein vielschichtiges Amalgam aus ästhetischem Reiz, stilistischer Raffinesse und einem diskret pulsierenden Spannungsnarrativ, das sich bereits in der Leseprobe subtil ankündigt. Das Buchcover präsentiert sich in zurückhaltender Eleganz – typografisch reduziert und farblich kontrastreich – und eröffnet, in seiner vermeintlichen Schlichtheit, interpretatorische Spielräume, die bereits erste Assoziationen zu ambivalenten Gefühlslandschaften wie Zorn und Zuneigung zulassen.

Martin Suters Schreibstil bleibt seiner markanten Handschrift treu: nüchtern, dabei doch durchdrungen von einer fein dosierten Ironie und beinahe mikroskopischer Beobachtungsgabe. Die bisher eingeführten Charaktere wirken archetypisch und dennoch psychologisch vielschichtig – ein Spannungsfeld, das neugierig macht. Der Protagonist scheint ein Mensch zu sein, dessen Innenleben von innerer Zerrissenheit geprägt ist, während die Nebenfiguren gleichsam Projektionsflächen wie Katalysatoren narrativer Umwälzungen sind.

Der Spannungsaufbau verzichtet auf vordergründige Dramatik und lebt vielmehr von einem latenten Unbehagen, das sich leise durch die Zeilen schiebt. Genau das erweckt in mir den Wunsch, weiterzulesen – nicht um herauszufinden was passiert, sondern warum es passiert. Ich erwarte von der Geschichte eine poetisch-melancholische Auseinandersetzung mit den beiden großen Triebkräften des Menschen – Wut und Liebe – in all ihrer Ambivalenz, Widersprüchlichkeit und existenziellen Tiefe.