Ein Gellerupkanake im Visier der Islamisten

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buecherfan.wit Avatar

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Yahyia Hassan ist erst 18 Jahre alt und schon ein Popstar der Literaturszene. 100 000 Exemplare seines Gedichtbandes “Yahya Hassan” haben sich die Dänen aus den Händen gerissen. Jetzt ist die deutsche Übersetzung seiner Gedichte erschienen, und er war bereits zur Leipziger Buchmesse zu einer Lesung eingeladen.

Yahya Hassan ist der Sohn palästinensischer Flüchtlinge, ein Staatenloser mit dänischem Pass. Er ist in der Nähe von Aarhus in einem üblen Migrantenviertel aufgewachsen. Schon früh wurde er kriminell, nahm Drogen, dealte und wurde bereits mit 13 polizeilich gesucht. Er kam in eine Besserungsanstalt und wurde in der Folge in einer Reihe von Institutionen eingesperrt. Eine Lehrerin las einen Aufsatz von ihm, erkannte sein schriftstellerisches Talent und setzte sich mit Leib und Seele für ihn ein. In der Dichtung findet er nun ein Ventil für seine Wut und Verachtung.

In einem wortgewaltigen Rundumschlag schreibt er über seinen gewalttätigen Vater, der immer wieder willkürlich auf seine fünf Kinder einprügelt, über die Mutter, die - schwach und unterdrückt und ebenfalls misshandelt - ihre Kinder nicht schützen kann, sie gelegentlich selbst mit dem Feuerzeug bedroht, über die bigotte ältere Migrantengeneration, die zwischen zwei Freitagsgebeten ein alles andere als gottesfürchtiges Leben führt und den Staat im großen Stil um Sozialleistungen betrügt. Mit dem Gastland hat Hassan wegen seines repressiven Rassismus ein Hühnchen zu rupfen. Die Einwanderer werden als Kanaken verunglimpft und hatten nie eine wirkliche Chance für einen Neuanfang. So wie Hassan sie beschreibt, sind sie jedoch nicht gerade leistungsorientiert. Mit seiner verächtlichen Kritik an den Sozialschmarotzern hat er sich im Migrantenmilieu jedenfalls keine Freunde gemacht.

Ein weiteres Thema ist die Behandlung, die der Autor als Junge in den Heimen erfährt. Sie hat weder mit Pädagogik noch mit Therapie etwas zu tun. Notfalls wird Integration durch Psychopharmaka praktiziert. Zum Problem wurden für den Autor jedoch seine islamkritischen Äußerungen. Wer schreibt “Ich piss auf Allah und sein Gesandten” (S. 159) oder “Früher da hab ich geschworen auf Koran / Aber jetzt da schwör ich auf mein / Gottlosigkeit” (S. 173), setzt sein Leben aufs Spiel. Hassan hat schon mehr als dreißig ernstzunehmende Morddrohungen erhalten und kann sich ohne Personenschützer nicht mehr aus dem Haus wagen. Er wird notfalls seine als Ghetto-Kid erworbenen Fähigkeiten unter Beweis stellen müssen.

Yahya Hassans Gedichte sind nicht gefällig und erbaulich. Seine in freien Rhythmen geschriebenen Texte provozieren und schockieren. Die Sprache ist meist sehr direkt, teilweise recht derb. Obwohl er seine Themen erkennbar in seinen Lebensumständen findet, sollte man ihn nicht auf seine Biografie reduzieren. Gedichte sind keine Tatsachenberichte. Er bedient sich verschiedener Stilmittel, verwendet Metaphern, Wortspiele und ungewöhnliche Assoziationen und tut das schon recht virtuos. Das ist Kunst. Man kann dem jungen Dichter nur wünschen, dass er lang genug lebt, um in der Schriftstellerei eine Zukunft zu finden.